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Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

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Kapitel 2<br />

übernahme erfordert, des anderen situationale Attribution zu antizipieren: P[Ox] aber<br />

P[O[XO]]. Solche akkurate Dezentrierungsleistung – P[O[Px]] in Abb. 2_33 – ist<br />

m.E. mit einem (automatischen) Aufmerksamkeitsfokus weniger plausibel zu erklären,<br />

zumindest liegt keine aktuelle Wahrnehmungssituation vor. Haben Versuchsperson<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong> vielleicht über die beiden relevanten Themen schon häufiger gesprochen<br />

(<strong>und</strong> sich dabei durch Dispositionszuschreibungen gegenseitig<br />

,aufgezogen‘?). Die Autoren bleiben allein kognitiv: sie diskutieren (<strong>und</strong> verwerfen)<br />

den Beitrag linguistischer Konventionen zur Interpretation der Instruktionen, die bei<br />

den Versuchspersonen eine (automatische, prozeduralisierte) Zugänglichkeitsheuristik<br />

aktivieren könnten (Fiedler & Semin 1988). In günstigen Fällen<br />

könnte über die Sprache doch noch die Repräsentation einer gemeinsamen Situation<br />

zustande kommen, die nach dem Symbolischen Interaktionismus die akkurate<br />

Ableitung von Handlungsorientierung erst erlaubt (vgl. Kap. 1.3).<br />

Bis hierher wurde die Outgroup-Homogenisierung mit dem Actor-Observer<br />

Bias gleichgesetzt. Interessant ist nun, dass Ross, Green & House (1977) die von<br />

ihrer Arbeitsgruppe benannten Effekte des False Consensus <strong>und</strong> des f<strong>und</strong>amentalen<br />

Attributionsfehlers als Konkurrenten zum Actor-Observer Bias positionieren<br />

wollten: Die dispositionale Attribution des Verhaltens anderer komme (nur) zustande,<br />

weil beobachtete Akteure, die sich anders als die beobachtende Person verhalten<br />

(die z.B. in False Consensus-Studien vom Typ der Abb. 2_1 die andere Alternative<br />

wählten), von ihr – wegen der Annahme von Konsensus der Gruppe mit der<br />

eigenen Position – in der Minderheit gesehen werden. Und Minderheiten erhalten –<br />

wegen des niedrigen Konsens in der Gesamtgruppe (vgl. Jones & Davis’ Theorie<br />

korrespondierender Schlüsse <strong>und</strong> Kelleys Kovariationsschema) – Person-Attributionen.<br />

Da Personen zum False Consensus neigen, weil sie ihr eigenes Verhalten<br />

als verbreitet, normal <strong>und</strong> situational erklärbar erleben (Aktor-Anteil, vgl.<br />

noch einmal den Abschnitt zur Situationsattribution in Kap. 2.1.3), werden sie<br />

die (vorschnell) als seltener wahrgenommene Verhaltensalternative dispositional<br />

attribuieren <strong>und</strong> ihre Meinung über den anderen akzentuieren. Ross, Green &<br />

House (1977) haben in drei der dort berichteten vier Studien die Probanden nicht<br />

nur um Mehrheitsschätzungen (vgl. Abb. 2_1) sondern auch um Trait-Beurteilungen<br />

derjenigen Peers gebeten, die sich wie die Probanden selbst, <strong>und</strong> derjenigen, die sich<br />

anders als sie entscheiden würden: erstere erhielten moderate Zuschreibungen, letztere<br />

extremere (a.a.O.:284 u. 294). Der Verlust an Sicherheit in der Situationskonstruktion,<br />

die Griffin, Dunning & Ross (1990) durch die einfache Instruktion<br />

erreicht haben, sich die zuvor ausgemalte, in der Instruktion nur ungenau beschriebene,<br />

Situation noch einmal anders zu konstruieren, ergab nicht nur breitere<br />

Unsicherheitsintervalle für Vorhersagen eigenen Verhaltens, sondern auch<br />

weniger extreme Zuschreibungen zu unüblich sich verhaltenden anderen.<br />

Da die dispositionale Attribution bei der Erklärung des anders Handelnden<br />

somit automatische Folge der Situationsattribution <strong>und</strong> Mehrheitsprojektion des<br />

Beobachters ist, wird auch auf personaler Ebene (<strong>und</strong> nicht nur auf der Grup-<br />

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