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Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

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Kapitel 2<br />

bereits vor, wenn sich im Mittelwertsaggregat einer Ein-Stichproben-Erhebung<br />

eine Diskrepanz zwischen Vermuteter Mehrheitsmeinung ∅P[O[x]] <strong>und</strong> ausgesagter<br />

eigener Meinung ∅P[x] ergibt, wo diese mit der tatsächlichen Mehrheitsmeinung<br />

gleichgesetzt werden kann ∅P[x] = O[x]. 47 Das Design ist somit noch<br />

einfacher als das zum False Consensus (oder False Dissensus, s.u.). In beiden<br />

Fällen genügt zwar eine Ein-Gruppen-Erhebung; zum Nachweis von False Consensus<br />

(oder False Dissensus, der daher in Tab. 2_3 von den vorangestellten Effektnamen<br />

durch eine durchgezogene Linie getrennt ist) aber wird die Stichprobe<br />

noch nach den in direkter Perspektive abgegebenen Aussagen in Subgruppen<br />

aufgeteilt, um zwischen Person <strong>und</strong> Targetgruppe einen faktischen Dissens, z.B.<br />

P+X[x] ≠ O[x], herzustellen (was in der Korrelationsberechnung implizit passiert,<br />

Kap. 2.1.2). Die beiden Teilgruppen können sich dann nur noch in fünf der sieben<br />

Diskrepanztypen von Abb. 1_5 wiederfinden, Dtyp-1 <strong>und</strong> Dtyp-6 sind nicht<br />

mehr möglich. Das Vorliegen einer Pluralistic Ignorance für die Gesamtstichprobe<br />

ergibt den Dtyp-6, Dtyp-1 stellt die ,Nullhypothese‘ akkurater Mehrheitsvermutung<br />

dar, die anderen Diskrepanztypen sind wegen ∅P[x] = O[x]<br />

nicht möglich. Mittelwertsdifferenzen sind von Perspektivenkorrelationen logisch<br />

unabhängig. 48<br />

Wegen ihrer einfachen Nachweisbarkeit <strong>und</strong> wegen der beispielhaft geschilderten<br />

selbst-stabilisierenden Wirkungen der Pluralistic Ignorance ist sie für eine<br />

Wirtschaftspsychologie, die durch Identifikation, Erklärung <strong>und</strong> Beeinflussung<br />

psychologischer Prozesse zur Steigerung der Rationalität von Wirtschaftstätigkeit<br />

betragen will, besonders interessant. Nicht-veridikale Zuschreibungen,<br />

die man wegen ihrer sozialen Verbreitung für akkurat hält (<strong>und</strong> darin von anderen<br />

auch bestätigt wird), bewahrheiten sich über Reziprozität oder normativ Restriktion<br />

auf der Verhaltensebene <strong>und</strong> sind dennoch irrational (i.S.v. nichtveridikal).<br />

47 Dazu muss die befragte Stichprobe repräsentativ für die in der Instruktion zur Metaperspektive<br />

genannte Targetgruppe sein: die externe Validität der Stichprobe wird hier zu einer<br />

Frage der internen Validität. Entsprechende Kritik „is hardly a knock-down argument“<br />

(Sabini et al. 1999:229).<br />

48 Empirisch finden Miller & Ratner (1998) keine Prädiktion der Antizipationen anderer anhand<br />

der eigenen Verhaltensbereitschaft oder Kategorienzugehörigkeit der Teilnehmer. In Pluralistic<br />

Ignorance Studien müssen (Ko-)Varianzen innerhalb der Stichprobe nicht analysiert werden; in<br />

Studien zum False Consensus (oder False Dissensus) wird der generelle Mittelwertsunterschied<br />

von direkter <strong>und</strong> Metaperspektive meist nicht interpretiert. Dass die in der False Consensus Literatur<br />

so berühmte Studie von Katz & Allport zum studentischen „Schummeln“ in Klausuren neben<br />

der positiven Korrelation von Selbstaussage <strong>und</strong> Mehrheitsvermutung (vgl. Kap. 2.1.1.) auch eine<br />

Pluralistic Ignorance aufwies, deckt erst O´Gorman (1986:340) auf (man hielt das Schummeln<br />

bei anderen für sehr selten, die Mehrheit der Befragten aber gab eigenes Schummeln zu). Der<br />

dennoch bestehende Zusammenhang von Mittelwerts-Perspektivendiskrepanz <strong>und</strong> korrelativem<br />

False Consensus wird unten erarbeitet.<br />

87

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