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Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

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Kapitel 2<br />

gegen die Unterstellung motivational verzerrter Informationsverarbeitung, indem<br />

er den individuellen Urteilsbildungsprozess selbst als rational <strong>und</strong> analytisch<br />

annimmt. Ausgangspunkt der Vermutungen über eine Targetgruppe ist die Repräsentation<br />

dieser Kategorie, einem Stereotyp mit differentiell unterschiedlicher<br />

chronischer (oder situativ unterschiedlicher temporärer, s.u.) Zugänglichkeit verschiedener<br />

Eigenschaften oder Exemplare. Allein die Repräsentativität der erreichbaren<br />

Stichprobe von Targetexemplaren kann dann den Bef<strong>und</strong> entscheiden<br />

– <strong>und</strong> deren Repräsentativität (oder Selektivität) kann sozial bedingt sein:<br />

False Consensus resultiert, wenn in den ,zugänglichen‘ Kategorienexemplaren<br />

zur eigenen Person ähnliche andere überrepräsentiert sind. Die Homogenität im<br />

sozialen Netzwerk führt zu einem systematischen Stichprobenfehler („selective exposure“<br />

Ross et al. 1977a:298). Eine Person wird hauptsächlich ihre Bekannten als<br />

Exemplare der Targetgruppe heranziehen <strong>und</strong> in Bekanntenkreisen herrscht Ähnlichkeit<br />

(Gleich <strong>und</strong> Gleich gesellt sich gern, Ähnlichkeit schafft Sympathie <strong>und</strong><br />

Sympathie Kontakt). Der klassischen Studie von Sherman et al. (1983 z.n. Marks &<br />

Miller 1987:76, Kühnen 1999:52 u. v. a.) gelang eine korrelative Aufklärung des False<br />

Consensus in der vermuteten Verbreitung des Rauchens über die Korrelation<br />

mit dem Anteil rauchender Fre<strong>und</strong>e. Nichtraucher mit überwiegend rauchenden<br />

Fre<strong>und</strong>en schätzen den Raucheranteil höher ein als Nichtraucher mit überwiegend<br />

nichtrauchenden Fre<strong>und</strong>en. Auch neuere Studien widmen sich dem Nachweis<br />

des Sample Bias (Kulig 2002:630; Wolfson 2000), in der Jugendsoziologie<br />

zur ,Majority Fallacy‘ sind hierzu schon seit den 40er Jahren Netzwerkstudien<br />

bekannt (Review: Perdersen 1993:343f); in Studie I wurde versäumt, nach der<br />

Anzahl persönlich bekannter z.B. nichtangemeldeter Studierender zu fragen.<br />

Damit sind auch die oben besprochenen Ingroup-Outgroup Unterschiede im<br />

False Konsensus mit dem sozialen Erklärungstyp verträglich: Da man mit<br />

Ingroup-Mitgliedern häufiger verkehrt, sind von den Exemplaren der übergeordneten<br />

Kategorie mehr Ingroup- als Outgroup-Mitglieder bekannt. In der Behörde,<br />

in der Studie II durchgeführt wurde, müssten nach dem Ergebnis in Abb.<br />

2_11 genügend Kontakt zwischen den Dezernaten gepflegt worden sein.<br />

In der Metaanalyse von Mullen et al. (1985) wurde kein Unterschied zwischen<br />

dem vermuteten Konsens mit breiten <strong>und</strong> spezifischen Ingroups deutlich<br />

(es konnten aber nur Instruktionen über ,Studierende des eigenen College‘ mit<br />

denen über ,Studierende generell‘ verglichen werden). Wegen des oben genannten<br />

Bef<strong>und</strong>s von Krueger & Zeiger (1993) formuliert Krueger (1998:195) jedoch<br />

eine Gruppen-Größen-Hypothese, nach der für kleinere, das Selbst inkludierende<br />

Gruppen – wegen höherer faktischer Ähnlichkeit (eP-Konsens) <strong>und</strong> höherer wahrgenommenem<br />

Konsensus (iP-Konsens) – eine höhere Akkuratheit gef<strong>und</strong>en werden soll 23.<br />

23 Dawes (1989) gab sich viel Mühe zu erklären, dass die Prädiktivität der eigenen Meinung im<br />

Induktionsschluß nicht von der Gruppengröße abhängt, sondern von der Schiefe der Gruppenverteilung<br />

(z.B. nach Polarisierung).<br />

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