05.10.2013 Aufrufe

Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kapitel 2<br />

gefährdeter Jugendlicher, die Pädagogik <strong>und</strong> forensische Psychologie beschäftigt,<br />

vgl. Kap. 2.1.3, <strong>und</strong> neuerdings auch die Umweltpsychologie, Monin & Norton<br />

2003:566); die Minorität könnte sich infolgedessen vergrößern, die nur artefiziell<br />

entstandene Pluralistic Ignorance sich selbst erfüllen.<br />

In Studie II der perspektivendifferenzierten Einstellung zum Weiterbildungstransfer<br />

(Kap. 2.1) lässt sich keine Pluralistic Ignorance, kaum systematische<br />

Abweichung zwischen den bei den Kollegen antizipierten <strong>und</strong> den pro<br />

Dezernat geäußerten direkten Überzeugungen feststellen. Tendenziell vermuten<br />

die Behördenmitarbeiter bei den Kollegen stärkere Befürchtungen, dass ,die<br />

Weitergabe von Wissen an andere für die eigene Karriere berufliche Nachteile<br />

erbringen‘ könne, als diese sie tatsächlich äußern (t(42)=1,68 p=.11, d=.24). Da<br />

die Zustimmung zu diesem Item unterhalb der Skalenmitte liegt, kann dieser<br />

sonst selbstwertdienlich erscheinende Third-Person-Effekt bereits als Tendenz<br />

zur Mitte erklärt werden.<br />

Die Artefakt-Kritik kann eine ganze Reihe von Nachweisen der in Tab. 2_3<br />

aufgelisteten Effekte treffen: Wenn beispielsweise Studierende die Spenden-<br />

Bereitschaft von Kommilitonen unter- oder die eigene überschätzen (Miller &<br />

Ratner 1998:54f, Eppley & Dunning 2000:862f), muss bedacht werden, dass der<br />

Anteil kooperationswilliger Probanden meist um 80% <strong>und</strong> der geschätzte Anteil<br />

meist um 50% lagen. Wenn sich während eines Dusch-Verbots wegen lokalem<br />

Wassermangel nur 33% der Befragten duschten, dies aber von 47% der Kommilitonen<br />

annahmen, <strong>und</strong> nach Aufhebung des Verbots eine Dusch-Rate von 84%<br />

einer vermuteten von 72% gegenübersteht (Monin & Norton 2003:563), bedarf<br />

dieser ,uniqueness bias‘ vielleicht keiner motivationalen Erklärung. Wenn in den<br />

späten 1960er Jahren nur noch 18% der Amerikaner für Rassentrennung waren,<br />

dies aber 32% als Mehrheitspräferenz vermuten (O´Gorman & Garry 1976:453),<br />

der Tochter 76% die schwarze Fre<strong>und</strong>in erlauben, aber nur 38% diese Toleranz<br />

in der Mehrheitsmeinung der Nachbarn vermuten (Fields & Schuman 1976:430),<br />

oder sich 59% der 1991 befragten Israelis für die Autonomie Palästinas aussprachen,<br />

aber nur 30% dies auch als Mehrheitsmeinung sahen (Shamir & Shamir<br />

1997:242), ähneln die Ergebnisse für die Mehrheitsmeinung bei der hier jeweils<br />

dreistufige Antwortvorgabe (dafür, dagegen, unentschieden) der Ratewahrscheinlichkeit.<br />

Shamir & Shamir (1997) haben das Ausmaß an Pluralistic Ignorance über die<br />

aggregierten Antwortprofile von 24 Meinungsitems mit Faktoren für deren Prävalenz<br />

nach dem sozialen Erklärungstyp korreliert: je stärker ein Inhalt in den<br />

Medien diskutiert wird, je stärker die Meinungen sozial strukturiert sind (d.h. mit<br />

zugänglichen sozialen Kategorien wie Status, Geschlecht oder den großen parteipolitischen<br />

Richtungen korrelieren), je informierter die Befragten sich fühlten<br />

<strong>und</strong> je weniger missing-values zustande kamen, desto höher soll die soziale Informationstransparenz<br />

<strong>und</strong> desto geringer die Gefahr einer Pluralistic Ignorance<br />

113

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!