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Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

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Kapitel 2<br />

290 Studierende (jüngere Semester beabsichtigt überrepräsentiert, Fakultäten<br />

weitgehend repräsentativ) sollten angeben, wie viel Prozent der Studierenden<br />

ihrer Vermutung nach mit Erstwohnsitz, Zweitwohnsitz oder gar nicht in der<br />

untersuchten Stadt angemeldet sind. Pendler, Alteingesessene <strong>und</strong> Personen, die<br />

ihren eigenen Wohnsitzstatus nicht angegeben haben, sind aus der Auswertung<br />

in Abb. 2_2 ausgeschlossen (es verbleiben N=249 ,Zugezogene‘).<br />

Der klassische False Consensus zeigt sich in den signifikanten Unterschieden<br />

zwischen den drei Anmeldegruppen: Hauptwohnsitzgemeldete glauben sich mit<br />

fast der Hälfte der Studierenden konform, von anderen wird der Hauptwohnsitzanteil<br />

nur bei etwa einem Drittel vermutet. Nebenwohnsitzgemeldete glauben, dass<br />

die Mehrheit, d.h. über ein Drittel der Studierenden mit Nebenwohnsitz gemeldet<br />

ist, Nicht-Gemeldete glauben, dass über ein Drittel der Studierenden nicht gemeldet<br />

ist! Die Vermutungen aller drei Gruppen können nicht gleichzeitig veridikal<br />

sein. Eine Gegenüberstellung mit der tatsächlichen Entscheidungsverteilung ist<br />

zum Nachweis des Unterschiedseffekts nicht nötig. Für den Kooperationspartner<br />

von Studie I wurde sie aus den Meldestatus-Angaben von N=478 Studierenden<br />

unter Berücksichtigung des Studiensemesters dennoch berechnet: gegenüber den<br />

tatsächlichen Anteilen der drei Anmeldealternativen von etwa 76%:19%:5% ist die<br />

vermutete Verteilung (Abb. 2_2) flacher. Solche ,Irrtümer aller über alle‘ werden als<br />

,Pluralistic Ignorance‘ in Kapitel 2.2 besprochen; innerhalb der False Consensus<br />

Literatur wird hierzu eine psychologische Konservativitätstendenz <strong>und</strong> die artifizielle<br />

Regression zur Mitte verantwortlich gemacht (ausführlich Kap. 2.2.2). Dieses<br />

Muster führt immerhin wohl auch dazu, dass in der Praxis verantwortliche Personen<br />

(hier Behördenmitarbeiter) die geringen Anteile antikonformen Verhaltens<br />

(,Dunkelziffern‘; hier Nichtmeldung) ebenfalls überschätzen (es wäre zu dem Untersuchungsauftrag<br />

für Studie l sonst evtl. nicht gekommen).<br />

In Abschnitt 2.1.2 wird es trotz des oben gesagten nötig, den Zusammenhang<br />

von False Consensus <strong>und</strong> Metaperspektiven-Veridikalität erneut zu problematisieren.<br />

Zuvor soll mit Studie II eine alternative Erhebungs- <strong>und</strong> Auswertungsmöglichkeit<br />

hinzugefügt werden, die – weniger geschickt als das Ross´-<br />

Paradigma – zur Diagnose eines False Consensus auf die tatsächliche Mehrheitsmeinung<br />

zurückgreift. Mit Studie I <strong>und</strong> Studie II können im weiteren Verlauf<br />

von Kap. 2.1 die konzeptionellen <strong>und</strong> methodischen Probleme der False<br />

Consensus Forschung umfassend diskutiert werden.<br />

Studie II: ,Bereitschaft zum Wissenstransfer‘<br />

Ein False Consensus Effekt lässt sich auch in betrieblichen Fragen erwarten. Studie<br />

II wurde als thematische Umfrage zum Weiterbildungstransfer in vier Dezernaten<br />

einer Landesbehörde im Rahmen der Diplomarbeit von Antje Thon (2000) durchgeführt.<br />

In dem umfangreichen Fragebogen sollten sechs der Einstellungsfragen<br />

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