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Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

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Kapitel 2<br />

Er präsentiert konforme Bef<strong>und</strong>e (Abb. 2_13); warum die Studierenden aber weniger<br />

Konsens mit der Bevölkerung empfinden (motivational, sozial oder kognitiv<br />

bedingt?), bleibt offen. Jedenfalls wird, wenn eine Gruppenpolarisierung für<br />

den faktischen Konsens der Studierenden verantwortlich ist, <strong>und</strong> sie diesen akkurat<br />

wahrnehmen, der vermutete Konsens die Folge des faktischen, die Erklärung<br />

ist vom sozialen Typus.<br />

Eigene Erfahrung ist selektiv. Der ver-<br />

antwortliche exemplarsbasierte Prozess der<br />

Kategorienbildung (Induktion) wird auch<br />

in Sozialisationstheorien, in der Medienwirkungsforschung<br />

<strong>und</strong> in soziologischen<br />

Segmentierungstheorien thematisiert. Beispielsweise<br />

postulierte G.H. Mead (1922/<br />

1987), dass sich aus (episodischem) Wissen<br />

über die Gemeinsamkeiten verschiedener<br />

„signifikante Andere“ das Image des „ge-<br />

neralisierten Anderen“ konstituiere. Der generalisierte Andere Meads lässt sich<br />

mit der Vermuteten Mehrheitsmeinung identifizieren.<br />

Ebenso wie ein (zu) homogenes Netzwerk kann der selektive Medienkonsum<br />

zur Verstärkung von False Consensus beitragen. Noelle-Neumann hatte die<br />

Theorie der Schweigespirale mit ihrem Konstrukt der Vermuteten Mehrheitsmeinung<br />

entwickelt, um die Wirkung der von ihr wahrgenommenen Einseitigkeit<br />

der politischen Berichterstattung vor dem B<strong>und</strong>estagswahlkampf 1972 auf<br />

den Wahlsieg der SPD deutlich zu machen. Während die Massenmedien als aufklärerische<br />

Kraft für die Transparenz in der gesellschaftlichen Diskussion <strong>und</strong><br />

damit für die Akkuratheit der (kollektiven) Meinungsverteilungsvermutungen<br />

wirken sollen (entsp. Argumentation gegen Noelle Neumann bspw. von E. Katz<br />

1981), führt die mit demselben Argument gestärkte Programmvielfalt in Zusammenhang<br />

mit einer bspw. von der Uses & Gratification Theorie beschriebenen<br />

selektiven Mediennutzung zur weiteren Polarisierung von Meinungsmilieus.<br />

Politische Sendungen werden hauptsächlich von Mitgliedern des sog. Kulturmilieus<br />

rezipiert (Schulze 1997, O. Wenzel 1999), Unerhaltungssendungen von<br />

Mitgliedern des Unerhaltungs-Milieus usw. Die von den Mitgliedern der verschiedenen<br />

Milieus vermuteten Mehrheitsmeinungen dürften sich unterscheiden<br />

(s. Konstrukte wie Klassenbewusstsein, Ethnozentrismus <strong>und</strong> Mummendeys<br />

Eigengruppenprojektion) Die soziologischen Theorien der Gesellschaftssegmentierung<br />

arbeiten mit der auch von Ross et al. (1977a) vorgebrachten These der<br />

selective exposure.<br />

Neben der über psychologische Affiliation, interessengeb<strong>und</strong>ene Mediennutzung<br />

oder soziologisch erklärbare Kontaktgelegenheiten gebildeten Homogenität<br />

sozialer Netzwerke können subtilere soziale Bedingungen die Erreichbarkeit von<br />

Informationen zur Repräsentation der Targetkategorie beeinflussen. Soziale<br />

56<br />

.41 .25<br />

.47 .50 .18 .38<br />

Studentische<br />

Stichprobe<br />

Bevölkerung<br />

(MMPI-Normen)<br />

Abb. 2_13 Engere <strong>und</strong> weitere Targetkategorie<br />

(allgemeinpsych. Korrelationen von MMPI-<br />

Profilen, Krueger 1998:196).

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