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Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

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Kapitel 6<br />

asymmetrie zurück denken, die Unterschiede von affektiver <strong>und</strong> kognitiver<br />

Erklärung sind verschw<strong>und</strong>en. 7<br />

Interessant bleibt, ob Besitzer in die Perspektive der potentiellen Käufer, <strong>und</strong><br />

diese in die jener wechseln können – bedarf es dazu einer Galinskyschen<br />

Imagine-Self- oder einer Staudingerschen Wolkenreise-Instruktion? Oder werden<br />

in metaperspektivischer Haltung gleich welcher Genese die in der direkten<br />

Perspektive jeweils vernachlässigten Transaktionsmerkmale automatisch salient?<br />

Carmon & Ariely (2000) haben von ihren studentischen Versuchsteilnehmern<br />

einander direkt folgende Abgaben von Kaufs- wie Verkaufspreisen<br />

per Rollensimulation verlangt. Der Aufmerksamkeitswechsel scheint recht schnell<br />

oszillieren zu können (ähnlich für Abb. 2_33).<br />

In Kap. 5.1.3 war zu berichten, dass Händler in ihrer Metaperspektive im<br />

Vergleich zur direkten Perspektive der K<strong>und</strong>en den Preis überbewerten (analog<br />

die Kirche die Kirchensteuer als Austrittsgr<strong>und</strong>), während sie Qualität <strong>und</strong><br />

Service in ihrer Wichtigkeit für die K<strong>und</strong>en unterschätzen. Widersprechen sich<br />

Endowment Effekt <strong>und</strong> metaperspektivische Preis-Relevanz-Überschätzung?<br />

Mit den in Kap. 2 erarbeiteten Theorie lässt sich die Integration beider Bef<strong>und</strong>e<br />

erreichen: aufgr<strong>und</strong> der in eigener Perspektive beachteten Informationen kann<br />

ein Perspektivenwechsel (eine Dezentrierung) zunächst nicht gelingen, es<br />

müssen Wissensbestandteile über die komplementäre Rolle aktiviert werden.<br />

Erfahrungen mit den Rollenpartnern, die im beruflichen Setting oft chronisch<br />

verfügbar sind, werden Unterschiedsakzentuierungen aufweisen: Observer<br />

attribuieren das Verhalten des beobachteten Aktors personal, Händler werden<br />

dazu neigen, den K<strong>und</strong>en (sowohl einzelnen Personen als auch der K<strong>und</strong>schaft<br />

als sozialer Kategorie) dispositional bedingte Intentionen zu unterstellen.<br />

Observer nehmen für ihre eigene Sachverhaltsrepräsentation (Angebotswertschätzung)<br />

einen breiten Konsens an, bei der Beobachtung eines abweichend<br />

handelnden Aktors werden sie dessen Verhalten als abweichend von der<br />

vermeintlichen Mehrheit diskriminieren <strong>und</strong> daher personal attribuieren: der das<br />

Gut wertschätzende Besitzer wird eine K<strong>und</strong>in, die in einem (in K<strong>und</strong>enperspektive)<br />

,normalen‘ Ausmaß Preise vergleicht, als auffällig geizig empfinden.<br />

7 Eine weitere Herausforderung ist der Vergleich von Leihen <strong>und</strong> Verleihen: Sollte der<br />

Endowment-Effekt nicht Überschuldungen verhindern? Ohne Bezug auf die Prospekt-Theorie<br />

werden nicht nur motivationale sondern auch eher lern<strong>theoretische</strong> Erklärungen angeboten:<br />

„Möglicherweise ist die Last der Tilgungsrate anfangs weitaus weniger spürbar, als die Lust des<br />

Konsums des neu angeschafften Gutes im Verhältnis dazu groß ist“ (Kirchler 1999:101f).<br />

„Verführung durch zeitlich benachbarte Verstärker“ (Wiswede 2000:171). Der Zugänglichkeitsautomatismus<br />

aber sollte zumindest die Erstverschuldung erschweren, da den bisherigen Nicht-<br />

Besitzern die Vorteile des Konsums zu wenig, die Nachteile der Ausgaben oder des „Schuldner-<br />

Status“ besser zugänglich sein müssten (Abb. 6_4). Kann mit der experimentellen Methodik<br />

entschieden werden, ob bereits angehäufte Schulden nun die Zugänglichkeit ihrer Nachteile<br />

verringern (Dissonanzreduktion, Anspruchsniveau-Regulation bspw. über Bezugsgruppen-<br />

Wechsel, vgl. Kap. 2.4), oder der ,Schulden-Besitz‘ mit einhergehender Zugänglichkeit<br />

negativer Erfahrung die Zahlungs- bzw. Änderungsbereitschaft verbessert?<br />

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