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Sozialperspektivität : theoretische Bezüge, Forschungsmethodik und ...

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Kapitel 3<br />

sozialer Verpflichtung für das Individuum, die aufzuzeigen anhand von Studie II<br />

in Abb. 2_15 versucht wurde, sind dem homo oeconomicus aber fremd.<br />

Dieser Abschnitt versucht zu belegen, dass Identität <strong>und</strong> soziale Konflikte<br />

nur über die Antizipation von Positionen anderer beschrieben werden können.<br />

Werthaltungen <strong>und</strong> Werte könnten zudem über die bipolare Organisation ihrer<br />

Semantik zur Akzentuierung von Metaperspektiven, zur multiplikativen<br />

Perspektivendiskrepanz-Regulation gemäß Kap. 2.3 <strong>und</strong> damit zu deutlicheren<br />

diagnostischeren Bef<strong>und</strong>en führen.<br />

Aristoteles (4.Jh.v.C / 1995) hatte in seiner Nikomachischen Ethik moralische<br />

Werte oder Tugenden2 als optimale Lösungen von Aversions-Aversions – Konflikten<br />

ausgewiesen. Aversiv bzw. moralisch abzulehnen war für ihn auf der<br />

einen Seite ein Mangel an tugendhaftem Verhalten, wie er den feigen, den engherzigen,<br />

steifen oder gar streitsüchtigen Mann auszeichne. Auf der anderen Seite aber gelte<br />

auch ein ,Zuviel des Guten‘, die Tollkühnheit, das Großtuerische, die Possenreißerei oder<br />

die Gefallsucht als unmoralisch (Tab. 3_1).<br />

Sittliche Tugenden „werden durch das Zuviel oder Zuwenig aufgehoben, durch die rechte<br />

Mitte aber erhalten“ (Aristoteles, 4.Jh.v.C / 1995.:29).<br />

„So meidet denn jeder K<strong>und</strong>ige das Übermaß <strong>und</strong> den Mangel <strong>und</strong> sucht <strong>und</strong> wählt die<br />

Mitte“ (ders.:35).<br />

Tab. 3_1: Beispiele, mit denen Aristoteles (4.Jh.v.C / 1995) in der Nikomachischen Ethik argumentiert.<br />

Z U W E N I G<br />

(Mangel)<br />

T U G E N D<br />

(Mitte)<br />

Z U V I E L<br />

(Übermaß)<br />

Feigheit Mut<br />

(Zuversicht, Starkmut)<br />

Tollkühnheit<br />

Schändlich, niederer Sinn Ehre<br />

(Hochsinn)<br />

Aufgeblasenheit<br />

Mensch ohne Ehrgeiz <br />

(es fehlt die<br />

Benennung)<br />

ehrgeizig<br />

Engherzig Hochherzig Großtuerisch<br />

Steifheit (humorvolle) Artigkeit Possenreißerei<br />

widerwärtig, streitsüchtig,<br />

eigensinnig<br />

Fre<strong>und</strong>lichkeit Gefallsucht, Schmeichler<br />

Geiz Freigebigkeit Verschwendung<br />

Zuchtlosigkeit, Unmäßigkeit Mäßigung Stumpfsinn, Unempfindlichkeit<br />

Unverschämt Schamhaftigkeit Blödheit<br />

(„der sich über alles schämt“ a.a.O:39)<br />

2 Genauer: sittliche Tugenden, die er von Verstandestugenden abgrenzt. Also zumindest zum<br />

trait gewordene instrumentelle Werte nach Rokeach.<br />

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