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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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die R<strong>und</strong>funkanstalten im heutigen Musikleben spielen, an die beherrschende Stellung<br />

ihrer Orchester <strong>und</strong> an die außerordentliche Macht ihrer Musikredaktionen. Ihre Funktion<br />

als Auftraggeber <strong>und</strong> Förderer der Neuen Musik, als Entdecker für die Erweiterung des<br />

Repertoires unserer Konzerte <strong>und</strong> Opernhäuser, als geschmackbildende<br />

Musikverbraucher <strong>und</strong> wichtigste Verwerter von Urheberrechten in ihren Programmen ist<br />

nicht zu überschätzen. Wahrscheinlich wird sie – selbst von denen, die sie ausüben – weit<br />

unterschätzt <strong>und</strong> deshalb noch viel zu wenig verantwortlich genutzt.<br />

In den Zusammenhang unseres Themas gehört nur die Frage nach der Fruchtbarkeit der<br />

Gesetzgebung in literarischer Hinsicht. Die Literarischen Abteilungen im engeren Sinn<br />

bewähren ihre Freiheit im wesentlichen durch die Eigenschaft als Umschlagplatz, indem<br />

sie gewissenhaft aus dem Vorhandenen auswählen <strong>und</strong> dadurch werten <strong>und</strong> anleiten. Im<br />

Essay, bei den Vorträgen, ist darüber hinaus schon Anregung <strong>und</strong> Auftrag von<br />

Bedeutung. Dem Feature <strong>und</strong> ganz besonders dem <strong>Hörspiel</strong> hat die Gesetzgebung nicht<br />

nur die Fülle dieser Freiheit <strong>und</strong> Verpflichtung, sondern auch eine formschöpferische<br />

Wirkung ermöglicht. <strong>Das</strong> klingt beinahe unwahrscheinlich. Wie soll Gesetzgebung auf<br />

literarische Form Einfluß gewinnen? Sie vermag es, wie sich an den Ergebnissen der<br />

unterschiedlichen gesetzgeberischen Praktiken eindeutig zeigt:<br />

<strong>Das</strong> kommerzielle R<strong>und</strong>funksystem der Vereinigten Staaten hat (ähnlich wie die<br />

totalitären Systeme, freilich längst nicht so radikal) die Entstehung des <strong>Hörspiel</strong>s als<br />

eigene Form – wenn nicht verhindert, so doch stark behindert. Eine <strong>Hörspiel</strong>tradition in<br />

unserm Sinn gibt es dort so gut wie gar nicht. <strong>Das</strong> liegt zweifellos nicht an irgendeiner<br />

Ungeeignetheit des amerikanischen Menschen oder des amerikanischen Stils für diese<br />

Kunstform, denn infolge der anderen R<strong>und</strong>funkgesetzgebung Kanadas gibt es z. B. einen<br />

durchaus bemerkenswerten kanadischen Beitrag zur <strong>Hörspiel</strong>geschichte. Der wirkliche<br />

Gr<strong>und</strong>: die kommerziellen Sender der USA haben bei allen Versuchen mit dem <strong>Hörspiel</strong><br />

stets die (laufend demoskopisch überwachte) Breitenwirksamkeit zum obersten Prinzip<br />

erheben müssen, sie konnte nicht einmal zeitweise, um des Experiments willen, davon<br />

absehen <strong>und</strong> unpopuläre literarische Formen senden, immer waren sie genötigt, auf dem<br />

direkten Wege den Effekt anzusteuern. Der Erfolg: daß sie nie ganz vom Realismus weg,<br />

also nie zum wirklichen R<strong>und</strong>funkwerk gelangten, daß sogar Formen, wie sie in seinen<br />

amüsanten <strong>Hörspiel</strong>grotesken Norman Corwin <strong>und</strong> in der eigenartigen Symbolik seiner<br />

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