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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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preisgekrönten <strong>Hörspiel</strong>s Turandot, die Gründgens 1955 in Düsseldorf als Drachenthron<br />

inszenierte, auch dem Theater zugewandt. Eine Reihe Einakter, 1959 gedruckt, unter dem<br />

Titel Spiele, in denen es dunkel wird, folgten – ferner, außer Bearbeitungen nach<br />

Sheridan, jetzt auch ein abendfüllendes Stück Die Verspätung. Da unsere gegenüber dem<br />

<strong>Hörspiel</strong> verschlossenen, gegenüber dem Theater aufgeschlossenen Journalisten die<br />

Lieblosen Legenden <strong>und</strong> die <strong>Hörspiel</strong>-Entwicklung Hildesheimers kaum kannten, dafür<br />

aber den neuerschienenen Einakterband, <strong>und</strong> da der Autor sich selbst in einer immer<br />

wieder gedruckten Erlanger Rede bei den Absurden einordnete, konnte es geschehen,<br />

daß man ihn für einen Ionesco aus zweiter Hand hielt. Henning Rischbieter, Hans<br />

Paeschke <strong>und</strong> andere haben dergleichen formuliert. Nun hat sich Hildesheimer sicherlich,<br />

wie viele bei uns, von Ionesco eine Zeitlang anregen lassen, dennoch kommt er aus einer<br />

völlig anderen Welt, nämlich von der Satire, gehört in die Linie Dürrenmatt-Frisch, niemals<br />

in die Linie Ionesco-Adamov.<br />

Es wäre wahrhaftig an der Zeit, den heute so strapazierten, aber als ästhetische<br />

Kategorie so schwierigen, weil verschwommenen Begriff des Absurden einmal genauer zu<br />

spezifizieren, vor allem ihn sorgsam von den Begriffen des Grotesken <strong>und</strong> des Satirischen<br />

zu scheiden, statt naiv alles in den großen Begriffseintopf zu werfen. Ionesco <strong>und</strong><br />

Dürrenmatt haben in ein paar kleinen Aufsätzen ihre Standpunkte ziemlich genau<br />

dargelegt. Ionesco bekennt sich zur Absicht, die eigene Welt der Wortimagination unter<br />

allen Umständen zu zerstören, damit sie nicht zur Konkurrenz der sichtbaren, mimischen<br />

Welt werden kann: zur Welt der Clownerie, die bei ihm noch durch die Konsequenz<br />

ausgezeichnet ist, daß nicht nur die Schauspieler zu Clowns werden, sondern auch<br />

Dekoration, Mobiliar <strong>und</strong> Requisit. Der Mensch kämpft gegen sie, sie können wachsend<br />

den Menschen in die Ecke drängen, er muß vor ihnen flüchten. Dies ist, abgekürzt, aber<br />

doch nicht gar zu ungenau ausgedrückt, Absurdes Theater. Doch ist es beileibe nicht<br />

Hildesheimers Kunstform. Hildesheimer lebt in der geschlossenen Welt der Sprache <strong>und</strong><br />

des Worts – weit mehr selbstverständlich als Dürrenmatt, der sich (trotz seiner acht<br />

<strong>Hörspiel</strong>e) von Anfang an für die Bühne entschieden hatte, während bei Hildesheimer<br />

auch die Bühnenwerke gelegentlich <strong>Hörspiel</strong>eigenschaften zeigen. Für Ionesco dagegen<br />

ist das <strong>Hörspiel</strong> überhaupt nur in Form von kompakten Geräuschspielereien möglich, wie<br />

im Automobilsalon; die Tierstimmen der Autos entsprechen da den Requisiten, mit denen<br />

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