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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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Zuerst wählte man Stücke mit möglichst wenig Personen aus. Es wird sich mehr um<br />

Vorlesungen mit verteilten Rollen als um »Darstellung« gehandelt haben. Folgende Daten<br />

lassen sich in den Funkprogrammen vom April <strong>und</strong> Mai 1924 feststellen: Am 23. April als<br />

»Rezitationsabend« angezeigt, Tagores Postamt im Frankfurter Sender von zwei<br />

Sprechern gelesen, unstreitig ,die erste dramatische Premiere überhaupt im deutschen<br />

R<strong>und</strong>funk. – Im Mai, am 22., Goethes Laune des Verliebten in Hamburg (vier Personen)<br />

<strong>und</strong> am 31. ein Schwank von Görner <strong>Das</strong> Salz der Erde in Berlin (drei Sprecher). Es<br />

folgten in Hamburg, wo die ehrgeizige Gattin des Direktors Bodenstedt, Alice Fliegel, auf<br />

Versuche mit künstlerischen Wortprogrammen drängte, am 11. Juni Szenen aus<br />

Strindbergs Traumspiel (zwei Personen) <strong>und</strong> am 15. Juni ein Hans-Sachs-Schwank (vier<br />

Sprecher). Kurz darauf wurde auch Hofmannsthals Tod des Tizian in Hamburg gesendet.<br />

Die aktive Direktorin brachte für damalige Zeiten ungewöhnlich »moderne«<br />

Programmformen auf, wie sie sonst noch nirgends im Schwange waren: literarisch-<br />

musikalische Kombinationen in Art der späteren »Hörfolgen«, z. B. Von Blumen, Vögeln<br />

<strong>und</strong> Sonnenschein (9. Juni), <strong>und</strong>, in der Heinzelmann-St<strong>und</strong>e des Kinderfunks,<br />

Märchenerzählungen mit musikalischen Illustrationen (ab 22. Juni). Dabei wirkte sie fast<br />

immer als Sprecherin mit, sie war -selbst Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Anlaß ihres Erfindungseifers.<br />

Im Herbst 1924, als in Deutschland eben ein knappes Jahr Programmerfahrung vorlag,<br />

scheinen dann plötzlich alle Sender Mut gefaßt zu haben. Wiederum ging Frankfurt, am<br />

75. Geburtstag Goethes, mit einer Egmont-Inszenierung voran, München folgte im<br />

September mit dem Zerbrochenen Krug, Leipzig mit Sommernachtstraum <strong>und</strong> Peer Gynt,<br />

Hamburg im Oktober/ November gar schon mit dem ersten <strong>und</strong> zweiten Teil des Faust<br />

<strong>und</strong> im Dezember mit Hebbels Nibelungen, Breslau im gleichen Monat mit Hanneles<br />

Himmelfahrt. Mit der berühmten Aufführung von Wallensteins Lager in Berlin, im, Januar<br />

1925, war ein erster Abschluß erreicht: die Klassiker hatten für den R<strong>und</strong>funk, ihre<br />

Schrecken verloren.<br />

Alfred Braun, der sich – nach freier Mitarbeit – 1924 durch festen Vertrag mit der<br />

»Funkst<strong>und</strong>e« verband <strong>und</strong> dort das Lager inszenierte, bekennt, daß er Goethes<br />

Geschwister oder Hofmannsthals Tor <strong>und</strong> Tod für den Anfang vorgezogen hätte. Doch<br />

wurde er durch eine Programmkonferenz vor die fertige Tatsache gestellt, die<br />

»Sendebühne« solle mit Wallensteins Lager »in vollem Farbenglanz« eröffnet werden.<br />

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