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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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zusammenhängt. Es gibt nichts Schauerlicheres als Klassikersendungen, in denen die<br />

rollenden sittlichen Tiraden uns aus dem Lautsprecher wie über eine majestätische<br />

Rampe hinweg entgegentönen. Doch darf nicht verschwiegen werden, daß auch von<br />

Schiller eine große Mikrophonwirkung ausgehen kann, wenn man seine Sätze nicht<br />

aktivistisch-deklamatorisch spielt, sondern mit der selbstverständlichen Intensität eines<br />

persönlichen Bekenntnisses, das keiner großen Sprachdraperie bedarf, niemanden<br />

gewaltsam überzeugen will, immer beinahe Monolog ist.<br />

Indem die poetische Sprache des <strong>Hörspiel</strong>s genau in der Mitte liegt, zwischen der<br />

naturhaft-fragmentarischen des Dramas <strong>und</strong> der fugenlos genauen, die ursprünglich –<br />

nicht mehr in unserer Zeit – die Prosa kennzeichnete, indem die <strong>Hörspiel</strong>sprache dem<br />

Darsteller zwar Raum läßt, aber nicht so viel, daß er jemals entfesselt sich selbst<br />

repräsentieren kann, zwingt sie ihm auch einen Darstellungsstil auf, der etwa die Mitte<br />

hält zwischen »unwillkürlichem« lyrisch-epischen Monologisieren <strong>und</strong> vorsichtigem, aber<br />

»bewußtem« mimischen Gestalten.<br />

<strong>Das</strong> <strong>Hörspiel</strong> ist in der Mitte. Und wenn Döblin bei jener R<strong>und</strong>funktagung 1929 sagte, aus<br />

Schriftstellern müßten nun radikal »Sprachsteller« werden, so kann zur Beruhigung<br />

hinzugefügt werden: der Weg zum <strong>Hörspiel</strong> ist für den heutigen Schriftsteller nicht<br />

annähernd so lang <strong>und</strong> mühevoll, wie der zum Drama. <strong>Das</strong> <strong>Hörspiel</strong> liegt etwa auf der<br />

Hälfte des Wegs zum Theater <strong>und</strong> ist darum denen, die vom geschriebenen Wort<br />

herkommen, viel leichter erreichbar.<br />

Kann man sagen, daß das <strong>Hörspiel</strong> als Form insgesamt moderner ist als das Theater?<br />

Jedenfalls hat es durch seine Mittelstellung auch eine Nähe zu jener heutigen Richtung<br />

der darstellenden Kunst, die den Weg – fort vom Gesellschaftstheater <strong>und</strong> hin zum<br />

Einzelnen sucht. Vermutlich darum gibt es sehr viele Schauspieler, die die Kunst des<br />

<strong>Hörspiel</strong>s lieben, gerade weil sie zu so viel Zurückhaltung <strong>und</strong> Selbstverleugnung zwingt.<br />

TONTECHNIKER UND AKUSTISCHER RAUM: DIE VIERTE DEFINITION<br />

Dies ist eines der aufregendsten Phänomene: der Hörraum. Es ließe sich weitläufig<br />

darüber philosophieren, <strong>und</strong> doch ist im Zusammenhang mit der jungen Kunstgattung<br />

noch relativ wenig über den Raum im <strong>Hörspiel</strong> geschrieben <strong>und</strong> gesprochen worden.<br />

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