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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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den Salzburger Festspielen erweist sich dann als der erfolgreichere Befreier der reichen,<br />

weltreisenden Närrin mit dem Hinkebein. Er bringt sie im wahren Sinne des Wortes »auf<br />

die Beine«. <strong>Das</strong> kleine Werk ist durch die federleichten Dialoge, die immerfort auf der<br />

Grenze zwischen Kalbrigkeit <strong>und</strong> Irrealität balancieren, ohne das Gleichgewicht zu<br />

verlieren, noch heute belustigend.<br />

Nachdem Reinacher als Erstem der Durchbruch zum wirklichen <strong>Hörspiel</strong> gelungen war, ist<br />

sein Beispiel für alle weiteren Versuche der nächsten Jahre, bis hinein in die unmittelbare<br />

Vorkriegszeit, Triebkraft <strong>und</strong> Unruhe gewesen. Man wußte nun, daß es von der<br />

gesprochenen poetischen Sprache her einen Zugang gibt zu dieser eigenen inneren Welt,<br />

die im <strong>Hörspiel</strong> Leben gewinnt. In den Jahren 1934 bis 1936 hat Harald Braun im Berliner<br />

Sender dann geradezu schulmäßig versucht, die Form zu fördern: mit einer<br />

experimentellen Sendereihe, einem »Studio« also, einem für damalige Zeit beispiellosen<br />

Unternehmen. Die Sendungen liefen unter dem etwas w<strong>und</strong>erlichen Titel Der<br />

Horchposten. Und obwohl sie, wie einige aufgef<strong>und</strong>ene Manuskripte beweisen, oft genug<br />

bestenfalls Kuriositäten waren, ist die Sendereihe schon wegen der Namen, die als<br />

Mitarbeiter auftauchen, interessant: u. a. schrieben in ihr Günter Eich, Peter Huchel, Horst<br />

Lange, Alfred Prugel <strong>und</strong> Martin Raschke.<br />

Von Eich gehört bestimmt in die Reihe jenes kleine, nur etwa ein Dutzend Seiten<br />

umfassende Werkchen Schritte zu Andreas: Andreas, den ein stürzender Baum zu Tode<br />

getroffen hat, ringt nachts in der Berghütte um sein Leben <strong>und</strong> schreit nach Kathrin. Sie,<br />

obwohl weit entfernt, hört ihn im Schlaf <strong>und</strong> läuft, von einer vermutlich hochdramatischen<br />

Filmmusik Wagner-Regenys begleitet, durch den dunklen Wald bergauf. Ihr Lauf ist ein<br />

immerwährendes Sprechen mit dem Geliebten, der immerfort ihr entgegenjammert, so<br />

daß hier zum ersten Mal zwei Innere Monologe eine Art Dialog ergeben. Doch ist der Tod,<br />

der Kathrin auf dem Weg überholt, vor ihr in der Hütte. – Der etwas dürftige Text kann,<br />

trotz mancher Qualitäten, heute nicht mehr aufgeführt werden.<br />

Dagegen stammt aus der gleichen Zeit, vielleicht sogar aus der gleichen experimentellen<br />

Reihe, ein anderes, nur wenig umfangreicheres Manuskript, an dessen genaues<br />

Sendedatum sich auch Eich nicht mehr erinnert: Der Traum am Edsin-gol. Gerhard Prager<br />

hat es wiederentdeckt <strong>und</strong> zum erstenmal neu senden lassen. Es ist ebenfalls eine im<br />

Fernen Osten, diesmal in der mongolischen Wüste lokalisierte <strong>Geschichte</strong>, doch von<br />

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