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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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deshalb selbst stofflich zu sein«. Es habe leibhaftige »Träger« oder »Vermittler«, die<br />

»<strong>Hörspiel</strong>er«, werde aber im Durchgang durch den Apparat »entkörpert«, alles Stofflichen<br />

<strong>und</strong> Sichtbaren entkleidet.<br />

Schon aus diesem »Gr<strong>und</strong>satz« ergibt sich eine Fülle – vorerst negativer – Kennzeichen.<br />

Denn die Möglichkeit, durch direkte Schilderung, gar die eines »Ansagers«, »Erzählers«<br />

oder »Sprechers«, Szenarium oder Kostüm oder äußere Aktion oder sonstwie Stofflich-<br />

Sichtbares zu ersetzen, lehnt Kolb mit vortrefflichen Formulierungen ab:<br />

»Man kann auf der Bühne einen schwankenden Tuchfetzen für ein Stück Meer halten, <strong>und</strong> die<br />

Illusion bleibt den ganzen Akt hindurch, weil man ihn stets vor sich hat. Man kann aber nicht<br />

vom Hörer verlangen, daß er den Dialogen folgt <strong>und</strong> gleichzeitig die geschilderte Situation stets<br />

›vor Augen‹ habe. Die Vergegenwärtigung verwickelter oder aus vielen Einzelheiten<br />

zusammengesetzter Gegebenheiten ermüdet... Je mehr Spielraum für die Vorstellung von Ort,<br />

Zeit <strong>und</strong> den sonstigen äußeren Umständen dem Hörenden gelassen wird, desto weniger wird<br />

seine Phantasie beengt. Der <strong>Hörspiel</strong>dichter darf nie vergessen, daß das Realistische im Funk,<br />

wie sehr er sich auch bemüht, es begreiflich zu machen, für uns nur schemenhaft bleibt. Alle<br />

unsere Anschauungen von der äußeren Handlung, von Ort, Zeit, Umwelt <strong>und</strong> Aussehen der<br />

Personen müssen vielmehr aus dem inneren Zusammenhang des <strong>Hörspiel</strong>s hervorgehen, da<br />

wir nur auf diese Weise die richtige Vorstellung von den Dingen unbewußt, organisch <strong>und</strong><br />

zwangsläufig, also mit müheloser Selbstverständlichkeit gewinnen können.«<br />

Was heißt das: »aus dem inneren Zusammenhang hervorgehen«? Offensichtlich kommt<br />

alles auf die Beantwortung dieser Frage an. Vorerst aber scheiden schon hier eine Reihe<br />

von Möglichkeiten für das <strong>Hörspiel</strong> aus: vor allem das Kostüm <strong>und</strong> damit die Historie. Auf<br />

der Bühne werden wir bei Kostümstücken durch unsere Augen immerfort an »die<br />

Geb<strong>und</strong>enheit der Figuren an eine andere Zeit« erinnert. Aber, so sagt Kolb, »im Funk<br />

werden die Menschen von einst Menschen unserer Zeit, <strong>und</strong> es entsteht dadurch ein<br />

Mißverhältnis zu ihren Anschauungen <strong>und</strong> ihrem Handeln. Die Wirkung ist ähnlich, wie<br />

wenn das Stück auf der Bühne in modernem Kostüm <strong>und</strong> in moderner Ausstattung<br />

aufgeführt würde.« (Wo diese Wirkung gewollt ist – etwa in Hans Kysers <strong>Hörspiel</strong>en –, da<br />

ist Historie nicht eigentlich historisch <strong>und</strong> darum wieder möglich.)<br />

Kolb weist auch bereits darauf hin, daß das <strong>Hörspiel</strong> keine Situationskomik kenne. »Nicht<br />

der Mensch in Bewegung, sondern die Bewegung im Menschen« werde dargestellt.<br />

Nun, das Verhältnis zwischen »außen« <strong>und</strong> »innen« im literarischen Werk ist stets höchst<br />

verwickelt. Daß die Spannung zwischen beidem auch im <strong>Hörspiel</strong> als wirksames<br />

Kunstmittel dienen kann, wird noch an vielfältigen weiteren Beispielen klar werden, wie es<br />

schon beim Inneren Monolog klar wurde. Wenn aber, wie in Dürrenmatts <strong>Hörspiel</strong> Die<br />

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