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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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Erst als er an die Worte des Trompeters gedacht habe: »Die feine Wäsche, der Federhut!<br />

was das nicht alles für Wirkung tut!« habe er zugestimmt <strong>und</strong> überlegt: »Wenn wirklich<br />

beabsichtigt ist, die Schauspieler im Kostüm <strong>und</strong> mit allen Zutaten des Dreißigjährigen<br />

Krieges vor das Mikrophon zu stellen – vielleicht kommt etwas dabei heraus, <strong>und</strong> sie<br />

gucken sich nicht so privat auf die Weste nach der Mode von 1924.«<br />

Und er beteuert, es sei zwar heute leicht, naserümpfend darauf hinzuweisen, daß solche<br />

Pracht nicht zu hören gewesen sei, aber sie habe doch etwas bewirkt: »Kostüm <strong>und</strong><br />

Maske brachten die Verlockung zur Aktion mit sich <strong>und</strong> verleiteten uns zum erstenmal,<br />

auch räumliche Tiefe zu zeigen. Bis unten auf die Potsdamer Straße, vor den Eingang des<br />

Hauses, haben wir die an- <strong>und</strong> abmarschierenden Truppen des Lagers postiert. <strong>Das</strong><br />

wurde akustisch so plastisch wie der Fahnenschmuck, bei uns im Studio. Und schließlich<br />

haben wir. die Entdeckung gemacht, daß man mit einem einzigen Hörraum nicht<br />

auskommt; man hat die Rechtsanwälte in dem großen Bürohaus (in dessen Dachgeschoß<br />

sich die Senderäume befanden) gebeten, nicht zu stören, <strong>und</strong> dann hat man von unten<br />

bis oben sämtliche Stockwerke für die Wallensteiner mit Beschlag belegt.«<br />

So oder ähnlich, wenn auch sonst natürlich ohne Kostüm, wurden in den Funkhäusern<br />

noch lange die Sendespiele unter Mitwirkung von Kellern, Treppenfluren, Dachgärten <strong>und</strong><br />

mit viel Komparserie inszeniert. Nachdem man erst einmal Mut gefaßt hatte, stand ein<br />

riesiges Bildungsrepertoire zur Verfügung, das man 1926 schon in umfangreiche Zyklen<br />

zusammenfaßte. Hans Bredow überliefert die Zyklentitel aus dem Sendeprogramm des<br />

Jahres: Die Dramatiker des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts – <strong>Das</strong> deutsche Lustspiel bis Lessing – <strong>Das</strong><br />

Volksstück – Die griechische Tragödie – <strong>Das</strong> deutsche Schäferspiel in Wort <strong>und</strong> Musik –<br />

<strong>Das</strong> Drama der letzten dreißig Jahre – Lustspiele aus neuerer Zeit <strong>Das</strong> deutsche Drama<br />

aus zwei Jahrh<strong>und</strong>erten. <strong>Das</strong> Problem bestand vorwiegend in der Lösung der Fragen, die<br />

in zwei – von Gerhard Eckert mitgeteilten – gegensätzlichen Äußerungen von Kurt Pinthus<br />

deutlich werden. Noch 1926 schrieb Pinthus, der damals regelmäßig an der »Berliner<br />

Funkst<strong>und</strong>e« mitarbeitete: »So sollte der R<strong>und</strong>funk für seine <strong>Hörspiel</strong>e falsche Scham<br />

vermeiden <strong>und</strong> durch den Ansager kurz die Szenerie mitteilen lassen.« 1928 dekretierte<br />

er: »Auf das primitive Mittel, die szenischen Bemerkungen, die den Schauplatz<br />

veranschaulichen, einfach vorzulesen, verzichtet man, als auf einen unkünstlerischen <strong>und</strong><br />

unfunkischen Behelf, allmählich ganz.« In großer Zahl wurden »Funkbearbeitungen« von<br />

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