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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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Entwicklung der genuinen <strong>Hörspiel</strong>form. Sie will nicht formale Neuentdeckungen<br />

machen, sondern wirken. <strong>Das</strong> macht den Typus lebenskräftig <strong>und</strong> die durch ihn<br />

gewonnene Erkenntnis verläßlich.<br />

6. <strong>Hörspiel</strong>e mit Innerem Monolog. Hier beginnen die Versuche, die sich um das <strong>Hörspiel</strong><br />

als Kunstform bemühen, als neue Möglichkeit zu bisher noch nicht oder nur<br />

unvollkommen formulierbaren Aussagen. Der »Innere Monolog« ist allerdings vielleicht<br />

erst als Übergang zur <strong>Hörspiel</strong>form zu bezeichnen. Denn Innere Monologe gibt es,<br />

obwohl sie eigentlich ein Sprechen, ein »In-sich-hinein-Sprechen« sind, auch in<br />

anderen literarischen Gattungen. Andererseits hat sich eine eigene Spielart des<br />

R<strong>und</strong>funkwerks entwickelt, bei der fast ausschließlich der Innere Monolog stil- <strong>und</strong><br />

formbildend gewirkt hat. Kessers Schwester Henriette ist dafür ein frühes Beispiel. Aber<br />

auch die Mischformen, in denen der Innere Monolog als das geheime Denken mit dem<br />

offenen Reden kontrapunktiert wird, gehören hierher, Walter Erich Schäfers Spiel der<br />

Gedanken (1951) <strong>und</strong> Kasacks Ballwechsel (1930).<br />

7. Neben diesen Möglichkeiten bleibt noch eine Gruppe ganz für sich: das eigentliche<br />

<strong>Hörspiel</strong>. Ein endgültiger Begriff oder eine endgültige Beschreibung können jetzt <strong>und</strong><br />

hier noch nicht gegeben werden, weil der Typus Gegenstand des ganzen Buches ist.<br />

Auf jeden Fall aber haben reale Geräusche, realistischer Zeitstück- oder<br />

Reportagecharakter, reale Sachbezüge, wie sie das Feature ausmachen, <strong>und</strong> bloßes<br />

Interesse an realistisch-novellistischen Schicksalsabläufen (woneben Form <strong>und</strong> Stil<br />

unwichtig werden) für diese Gattung keine Bedeutung. Entscheidend ist allein jene<br />

besondere Form, die durch die gesprochene Sprache <strong>und</strong> durch die unmittelbare<br />

Anteilnahme beim imaginativen Hören eine eigene innerliche Wirklichkeit <strong>und</strong> eine neue<br />

innerliche »Perspektive« ermöglicht. Der Meister, der davon in seinen <strong>Hörspiel</strong>en zuerst<br />

etwas ahnte, war der Lyriker Eduard Reinacher, derjenige, der sie erfüllte, der Lyriker<br />

Günter Eich.<br />

Bei der Aufzählung wurde versucht, von keinem vorgefaßten Prinzip auszugehen. Auf<br />

jeden Fall handelt es sich nicht um ein starres Schema, zumal es viele Kombinationen<br />

zwischen den Gruppen gibt <strong>und</strong> keine einen nach überkommenen literarischen Begriffen<br />

reinen Typus enthält. Dennoch ist in der Übersicht eine gewisse Ordnung. Sie will<br />

annäherungsweise die formgeschichtliche Entwicklung nachzeichnen, so wie sie sich uns<br />

heute darstellt, <strong>und</strong> ferner die Typen in der Reihenfolge gruppieren, in der sie uns<br />

zunehmend literarisch interessant <strong>und</strong> wichtig erscheinen. Entwicklung <strong>und</strong> Reihenfolge<br />

zeigen zugleich eine Akzentverlagerung auf, die von außen nach innen geht – von<br />

anfangs groben, unkünstlerischen Formvermischungen zu immer diffizileren, in denen die<br />

ursprünglichen Elemente nicht mehr nebeneinander spürbar sind. Im eigentlichen <strong>Hörspiel</strong><br />

ist dann alles, auch formal, von innen her motiviert, wird von innen her verwandelt.<br />

Dostojewski hat einmal formuliert, mit Psychologie ließe sich alles beweisen. Bei der<br />

»Motivierung von innen her« handelt es sich natürlich nicht um eine psychologische<br />

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