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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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sowohl bei der BBC als auch in Deutschland mit einigem Erfolg neuinszeniert wurde. Es<br />

dürfte sich um das erste europäische <strong>Hörspiel</strong> überhaupt handeln, das am 15. Januar<br />

1924, also ein knappes Vierteljahr nach der Eröffnung der Berliner Station, in London<br />

ausgestrahlt wurde. ∗ Der englische Romancier <strong>und</strong> Dramatiker Richard Hughes ist der<br />

Verfasser, <strong>und</strong> das knapp halbstündige Werkchen trägt den Titel A Comedy of Danger.<br />

Die Finsternis, die sich bei uns in Deutschland gleichmäßig über die geschichtlichen<br />

Anfänge der <strong>Hörspiel</strong>kunst breitet, hat es sozusagen zur Methode verdichtet: Hughes<br />

hatte den listigen Einfall, alle Probleme, die durch die Nichtübertragbarkeit von<br />

Sichtbarem entstehen, einfach auszuklammern, indem er seine dramatische Episode im<br />

Dunkeln spielen läßt.<br />

Zwei Touristen, Mary <strong>und</strong> Jack, sind bei Besichtigung eines walisischen Bergwerks etwas<br />

hinter den andern zurück, als auf einmal das Licht ausgeht. Fluchend über die Zustände,<br />

gesellt sich ein alter Mann, Mr. Bax, zu den beiden. Als er den Zwischenfall harmlos<br />

nimmt, ist Mary anfangs sogar enttäuscht <strong>und</strong> veranlaßt Jack, mit ihr in Gedanken Gefahr<br />

zu spielen. Leider reißen Explosionen <strong>und</strong> Wasserrauschen sie aus allen Illusionen. Die<br />

Angst beginnt <strong>und</strong>, anstelle des Spiels, ein ernster Streit zwischen den beiden Männern<br />

um die Frage: wer mehr Recht hat, den Tod zu fürchten, der junge oder der alte, der das<br />

Leben ohnehin bald hinter sich hat. Jack scheint der Besonnenere zu sein, der alte Bax<br />

schreit etwas würdelos um Hilfe. Choräle erklingen in der Ferne, das Wasser steigt immer<br />

höher, bis es den drei Abgeschnittenen, die sich an einen Pfahl klammern, ans Kinn<br />

reicht. Schließlich werden die beiden jüngeren Menschen durch einen Stollendurchbruch<br />

nach oben gezogen <strong>und</strong> gerettet, der Alte aber, der ihnen am Ende doch den Vortritt läßt,<br />

wird zum Opfer.<br />

<strong>Das</strong> kleine <strong>Hörspiel</strong> ist geschickt gemacht, liegt zwischen Reißer <strong>und</strong> moralischem<br />

Rührstück, hat aber keinen bemerkenswerten Tiefgang. Der junge, noch wenig bekannte<br />

Autor Rudolf Dannenberg, der Hughes' Arbeit nicht kannte <strong>und</strong> fünf<strong>und</strong>dreißig Jahre<br />

später in seinem <strong>Hörspiel</strong> Der Streb eine ähnliche Situation zum Anlaß nahm, brachte<br />

mehr Substanz mit. Etwas beängstigend auch, für einen Versuch an einem neuen Genre,<br />

die Raffiniertheit, mit der Hughes einerseits nach dem sicheren Modell des<br />

∗ Erstmals deutsch gesendet am 21. 8. 1925 in Hamburg, übersetzt von Konrad Maril, inszeniert von Karl<br />

Pündter, der auch die Rolle des Bax spielte. Es handelt sich um das früheste Datum eines internationalen<br />

Programmaustauschs auf dem Gebiet des <strong>Hörspiel</strong>s.<br />

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