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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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Wieviel mit einer solchen Verwendung von Stille schon einer späteren<br />

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<strong>Hörspiel</strong>entwicklung vorweggenommen wird, wird noch deutlicher werden, wenn über den<br />

Inszenierungsstil <strong>und</strong> seine <strong>Geschichte</strong> gesprochen werden muß, dessen letzte<br />

Konsequenz Fritz Schröder-Jahn mit dem Aperçu charakterisiert, daß das <strong>Hörspiel</strong><br />

eigentlich nur Pause sei, »Pause mit Wort ringsherum«, keineswegs aber Wort durch<br />

Pausen unterbrochen.<br />

Doch trotz dieses Vorstoßes zu bis dahin unbekannten Möglichkeiten bleibt auch Brechts<br />

Lukullus noch Ballade. Nicht etwa weil sich unter Figuren wie »Ausrufer«, »Fahle Stimme«<br />

oder »Sprecher des Totengerichts« der epische Erzähler nur notdürftig verbirgt (der<br />

epische Bericht als Kunstmittel wird auch in späteren Formen des <strong>Hörspiel</strong>s nie ganz<br />

aufgegeben), sondern weil die Sprache des Dramatikers Brecht sich nicht davon lösen<br />

kann, vermittelnde, dramatische Sprache zu sein, weil sie sich niemals ganz zu lyrischer<br />

Selbständigkeit entfaltet. Zwar ist Brechts Dichtung weit von realistischer Dramatik<br />

entfernt, auch das Geräusch des schreitenden Trauerzuges ist nicht etwa realistisch-<br />

illusionistisch zu verstehen wie jene Eselsbrücken aus Schritten <strong>und</strong> anderen<br />

Geräuschkulissen, die sonst nur optisch zu vermittelnde Vorgänge andeuten: es ist<br />

metaphorisch <strong>und</strong> soll immer wieder an die epische Fläche erinnern, die der Ausrufer als<br />

eine Art Gr<strong>und</strong>ierung dessen geschaffen hat, was dann in Form eines Hochreliefs an<br />

Figuren <strong>und</strong> Szenen daraus hervorwächst. Aber gerade dieses Erhöhte, Plastische der<br />

Figuren ist das Kennzeichen des Dramatischen, es bezeichnet ihre Wirklichkeit außerhalb<br />

der Sprache, ihren Standort im Raum sowohl als auch ihren Stellenwert innerhalb der<br />

selbständigen geistigen Bezüge. Sie stehen sich »gegenüber«, sie haben Distanz –<br />

untereinander <strong>und</strong> von uns. Und dies ist der Rest von Realität, den ein Dramatiker, auch<br />

ohne Realist zu sein, niemals ganz aufgeben kann. Brecht hat ihn nicht aufgegeben, er<br />

hat ihn balladesk »überspielt«.<br />

DAS REALISMUSPROBLEM UND DIE ANFÄNGE DER ASSOZIATIVEN<br />

METHODE: FRIEDRICH WOLF – ERNST JOHANNSEN<br />

Mit der Betrachtung des Lukullus sind, um die Leistung Brechts für die <strong>Hörspiel</strong>kunst<br />

geschlossen darstellen zu können, etwa zehn Jahre der Entwicklung übersprungen<br />

worden. Wir müssen zurück ins Jahr 1929, ins Jahr des Lindberghflugs.<br />

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