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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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war, war eigentlich längst überfällig <strong>und</strong> wäre sang- <strong>und</strong> klanglos in die Grube gefahren,<br />

hätte die Weltgeschichte sie nicht unglücklicherweise in die Lage versetzt, sich auf eine<br />

Niederlage als auf eine gewaltsame Unterdrückung ihrer Ansprüche zu berufen.<br />

Dann aber, nach den zwölf Jahren voll Marschmusik <strong>und</strong> Siegesfanfaren,<br />

Luftlagemeldungen <strong>und</strong> Bombenheulen, Wimmern von Hingerichteten <strong>und</strong> Schreien von<br />

Vergewaltigten, traten auf einmal wieder jene hervor, die am Anfang von den Alten als<br />

noch ganz Unbekannte herangeführt worden waren. Gewiß, sie waren in mancher<br />

Hinsicht auch zu kurz gekommen, hatten aber ihren Krieg doch wenigstens vollständig<br />

kennengelernt – <strong>und</strong> darüber hinaus seine Vorgeschichte <strong>und</strong> alle seine Voraussetzungen<br />

<strong>und</strong> Folgen. Was aber den R<strong>und</strong>funk betrifft, so waren sie mit ihm »gleichaltrig«, insofern<br />

nämlich dieser R<strong>und</strong>funk gerade zum selbstverständlichen Bestandteil des öffentlichen<br />

Lebens herangewachsen war, als auch sie zu den Erwachsenen zu zählen begannen.<br />

1923 waren sie r<strong>und</strong> fünfzehn Jahre alt. Sie hatten sich schon, als sie sich zwischen 1930<br />

<strong>und</strong> 1935 erstmals meldeten, aber noch mehr, nachdem sie jahrelang für verlogene<br />

Gemeinschaftsansprüche mit Beschlag belegt waren, vordringlich mit sich selber<br />

befassen wollen. Sie spürten, wieviel in der Zeit <strong>und</strong> in uns allen ungeklärt war. Darum<br />

machten sie nun den R<strong>und</strong>funk durch ihre Mithilfe radikal zu dem, was er vermutlich<br />

seinem Wesen nach schon immer am beten hätte sein können: zu einem Vehikel<br />

privatester Anrede des Einzelnen durch den Einzelnen – wobei die Bemühung, aus dem<br />

bloß einseitigen Sprechen allmählich mit den Mitteln der Poesie eine neue Art von<br />

Zwiesprache zu entwickeln, durchaus erfolgversprechend schien.<br />

Auch der Verfasser dieses Buches, geboren 1908, fühlt sich dieser Generation der ersten<br />

<strong>und</strong> dritten R<strong>und</strong>funkperiode zugehörig. Seit 1926 erhielt er durch den Berliner Ordinarius<br />

für Psychologie <strong>und</strong> Kunsttheorie Max Dessoir, der den Sendergremien angehörte <strong>und</strong><br />

gemeinsam mit den befre<strong>und</strong>eten Autoren der Berliner Dichterakademie theoretisch <strong>und</strong><br />

praktisch am R<strong>und</strong>funk <strong>und</strong> für den R<strong>und</strong>funk wirkte, noch während seines Studiums die<br />

ersten entscheidenden Anregungen. Anfang der dreißiger Jahre beobachtete er als<br />

Kritiker eines großen Berliner Vorortblatts die Programme. Von 1932 bis 1938 arbeitete er<br />

als Autor bei den Berliner Sendern <strong>und</strong> als Redakteur bei der Literarischen Abteilung des<br />

»Deutschlandsenders« mit.<br />

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