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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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Großbürgertum, das schon die Katastrophe nicht hatte aufhalten können <strong>und</strong> nun erst<br />

recht keine rettenden Ideen fand.<br />

Dennoch ist erstaunlich, wie auch hier wieder deutlich wird, daß das <strong>Hörspiel</strong> eine junge<br />

Form ist – ungleich vitaler <strong>und</strong> von Bildung <strong>und</strong> Tradition unbelasteter als das Theater. Im<br />

<strong>Hörspiel</strong> war es selbstverständlich, daß der Anfang von drei unbekannten Autoren<br />

gemacht wurde, die sich mit ihrer Zeit auseinandersetzten, mit Vorgängen <strong>und</strong><br />

Problemen, die kaum länger als ein Jahr zurücklagen. <strong>Das</strong> aber muß – ganz unabhängig<br />

vom Grade des Gelingens – erst einmal als eine ges<strong>und</strong>e Sache gelten. Damit wurde<br />

Wirklichkeit zur Diskussion gestellt, <strong>und</strong> das war damals lebenswichtiger als Rückzug in<br />

den Kunstidealismus <strong>und</strong> auf die Weltanschauung der Klassiker: vielleicht sogar wichtiger<br />

als moderne Stücke, die aus einem andern Lebenskreis kamen <strong>und</strong> die zu den eigenen<br />

Erschütterungen nichts zu sagen haben konnten.<br />

Doch wurde nun gerade von draußen, von den Angelsachsen, für die Kunst des<br />

R<strong>und</strong>funks der Anstoß gegeben durch eine neue, äußerst praktikable Form der<br />

Zeitbewältigung, das Feature. Dies war auf dem Gebiet der funkeigenen Formen das<br />

erste wichtige Ereignis der Nachkriegsjahre.<br />

Bei der »British Broadcasting Corporation« gab es seit Jahren die Abteilung »Talks and<br />

Features«, nun wurde sie auch in Hamburg eingerichtet. Hinter der Tür, die diese<br />

Aufschrift trug, saß Peter von Zahn, <strong>und</strong> im Vorzimmer trafen sich Axel Eggebrecht <strong>und</strong><br />

Ernst Schnabel <strong>und</strong> sahen sich verw<strong>und</strong>ert an: was das wohl sei, ein Feature.<br />

Bekanntlich hat bis heute niemand die Frage befriedigend beantworten können. Man wird<br />

wohl ohne prägnante Definition auskommen müssen. Zahn pflegte gelegentlich zu<br />

behaupten, das erste Feature sei die Matthäuspassion gewesen. Wenn er damit nur<br />

meinte, daß beinahe jede Kompositform unter dieser Bezeichnung subsumiert werden<br />

könne, kann man seine Feststellung gelten lassen. Schnabel verweist als auf die<br />

frühesten <strong>und</strong> besten Stücke der Gattung auf Arbeiten des auch durch <strong>Hörspiel</strong>e<br />

berühmten Amerikaners Norman Corwin, die aber damals weder ihm noch irgendeinem<br />

andern in Deutschland bekannt waren. Daß es in Corwins Features häufig ums Fliegen<br />

geht – z. B. um den ersten kriegsbedingten Transozeanflugverkehr zwischen den USA<br />

<strong>und</strong> England –, mag Schnabel besonders sympathisch berührt haben. Als großartig<br />

featuregemäß rühmt er Erfindungen, wie etwa den tiefen Summerton, den Corwin in einer<br />

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