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Das Hörspiel. Dramaturgie und Geschichte - Mediaculture online

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stellen«. Goethe spricht von »kindischen, barbarischen, abgeschmackten Tendenzen«,<br />

denen der Künstler nach Kräften widerstehen solle, <strong>und</strong> resigniert: »Wer kann das Schiff<br />

von den Wellen sondern, auf denen es schwimmt?« Schiller geht in seinem Antwortbrief<br />

der Frage noch genauer nach <strong>und</strong> gelangt – darüber wird später gesprochen werden<br />

müssen – wieder über die Resignation hinaus.<br />

Immerhin ist hier, lange vor dem Zeitalter des R<strong>und</strong>funks, einer der Gründe formuliert,<br />

weshalb der R<strong>und</strong>funk auf epischem Gebiet nichts bewirken konnte. Denn das Bedürfnis<br />

nach sinnlicher Darstellung ist heute ausgeprägter als damals, <strong>und</strong> von der Möglichkeit,<br />

die Gattung rein zu halten, sind wir weiter entfernt als je. Dazu kam in der<br />

R<strong>und</strong>funkgeschichte die Eitelkeit der Redakteure, die, statt die einfache Form ihrer<br />

ruhigen Entwicklung zu überlassen, immer wieder angebliche formale Bedürfnisse des<br />

Funks, das »Funkische«, vorschützten, um sich <strong>und</strong> ihre Sendungen durch Aufmachung<br />

zur Geltung zu bringen.<br />

Was auf diesem Gebiete geschah, war oft nicht mehr diskutabel <strong>und</strong> wurde doch alltäglich<br />

verwirklicht. Aufgesetzte Formen, Formen, die diese Bezeichnung nicht verdienen, sind<br />

das typische Kennzeichen unseres Redakteur-Zeitalters. Hermann Hesse spricht<br />

bekanntlich vom »journalistischen« Zeitalter, doch bedarf der Begriff seit dem Aufkommen<br />

des R<strong>und</strong>funks der Erweiterung.<br />

Es existiert über die kultursoziologische Frage, die hier angerührt wird, noch keine<br />

zureichende Untersuchung. Man muß sich klarmachen, daß es vor einem Jahrh<strong>und</strong>ert<br />

oder gar vor anderthalben jenen Stand der hauptamtlichen Dramaturgen, Redakteure,<br />

Regisseure mit auswählenden <strong>und</strong> arrangierenden Vollmachten, jener Kultur-Funktionäre,<br />

deren Zahl heute Legion ist, überhaupt noch nicht gab. Nun thronen sie, nahezu<br />

omnipotent, weil sie nahezu omnipotenten Verbreitungsinstrumenten dienen, in Presse,<br />

Funk, Film, Fernsehen, Verlagen <strong>und</strong> Theatern an ihren amtlichen oder halbamtlichen<br />

Schreibtischen <strong>und</strong> können wie Schleusenwärter den Zugang öffnen oder schließen, <strong>und</strong><br />

ihr Urteil hat Konsequenzen, durch die es zum endgültigen Schiedsspruch ohne<br />

Gesetzesgr<strong>und</strong>lage erhoben zu sein scheint.<br />

Natürlich wäre es billig, eine ganze Berufsgruppe zu schmähen. Sie hat sich nicht selbst<br />

erf<strong>und</strong>en, die Notwendigkeit dieser Menschen ist angesichts der ins Riesenhafte<br />

anwachsenden Publikationsmittel, die niemand mehr entmachten kann, mindestens<br />

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