Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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unserer Zeit, <strong>die</strong> Sache erörtert haben, sollen wir ein Interesse an <strong>die</strong>ser<br />
entfachen, sondern weil <strong>die</strong> Sache schon jene Denker und Theologen aus<br />
sachlichen Gründen an <strong>die</strong> Sache fesselte, sollen auch wir uns fesseln<br />
lassen. Antihistoristisch unterstellt <strong>Hegel</strong>, daß <strong>die</strong> Historie und Geschichte,<br />
<strong>die</strong>se als Hauptsache jener, gleichfalls lediglich eine Grenze neuzeitlichendlichen<br />
Denkens sei, <strong>die</strong> jede wahrhafte und wirkliche Philosophie zu<br />
<strong>über</strong>schreiten habe.<br />
Keineswegs leug<strong>net</strong> <strong>Hegel</strong>, daß sich <strong>die</strong> Sache und jede Sache<br />
geschichtlich bewegt, schon deshalb, weil deren Darstellung dem Medium<br />
der Geschichtlichkeit (von Sprache, Denken, Vorstellen und Anschauen,<br />
Wissen und Erfahrung) unterliegt, und dennoch hält er am Theorem einer<br />
„Sache selbst“ gegen deren geschichtliche Bewegung und wiederum deren<br />
historischer Darstellung fest. Auch <strong>die</strong>s kann eine Philosophie, <strong>die</strong> sich nur<br />
mehr als Philosophiehistorie definiert - gleichfalls eine Spielart von<br />
moderner (nämlich antimoderner) Philosophie - nicht (mehr) akzeptieren.<br />
Dann aber wären in der Tat alle jene „Sachen“ der divinatorischen und<br />
spekulativen Philosophie und Theologie „Geschichte“ und „Historie“<br />
geworden, - alle Philosophen und Theologen wären Antiquitätenhändler<br />
geworden.<br />
Haben wir noch ein historisches Interesse an den absoluten Sachen,<br />
haben wir nur mehr ein historisches Interesse daran; <strong>die</strong> Sachen und ihre<br />
ewige Lebendigkeit, ihre ewigen Wahrheitsinhalte, -fragen und -<br />
antworten, sind für tot oder für „museumsreif“ erklärt, weil sich „<strong>die</strong> Zeit“<br />
ganz anderen Dingen und Sachen zugewendet habe, in denen und bei<br />
denen <strong>die</strong> Fragen der Wahrheit und Ewigkeit jegliche Funktion und<br />
Sinnhaftigkeit verloren haben. (Dies <strong>die</strong> Moderne in ihrem aktuellen<br />
Zustand: in <strong>die</strong> Zukunft ein rasendes Vorwärts, in <strong>die</strong> Vergangenheit ein<br />
rastendes Zurück, dort der schrankenlose Futurismus und Fortschritt, hier<br />
der ebenso schrankenlose Rückschritt und Denkmalkult.)]<br />
IV. - Solche historische Geschäftigkeit bringt sich den Schein hervor, mit<br />
der Sache zu tun zu haben, während man sich vielmehr nur mit den<br />
Vorstellungen und Meinungen anderer, mit den äußerlichen Umständen,<br />
dem, was für <strong>die</strong> Sache das Vergangene, Vergängliche, Eitle ist, zu tun<br />
macht. Man kann wohl <strong>die</strong> Erscheinung haben, daß geschichtlich Gelehrte<br />
mit sogenannter Gründlichkeit ausführlich in dem bewandert sind, was<br />
berühmte Männer, Kirchenväter, Philosophen usf. <strong>über</strong> Fundamentalsätze<br />
der Religion vorgebracht haben, aber daß dagegen ihnen selbst <strong>die</strong> Sache<br />
fremd geblieben ist, und wenn sie gefragt würden, was sie dafür halten,<br />
welches <strong>die</strong> Überzeugung der Wahrheit sei, <strong>die</strong> sie besitzen, so möchten<br />
sie sich <strong>über</strong> solche Frage wundern als etwas, um das es sich hierbei nicht<br />
handle, sondern nur um andere und ein Statuieren und Meinen und um<br />
<strong>die</strong> Kenntnis nicht einer Sache, sondern des Statuierens und Meinens.<br />
[101 Nochmals beißt sich <strong>Hegel</strong> an seinem aktuellen Kontrahenten -<br />
historistisches Denken und Verhalten - fest. Dieses beschäftigt sich mit<br />
zwei der Sache unerlässlichen Bedingungen: a) Individuen, verstorbenen<br />
und gewesenen, <strong>die</strong> sich mit der Sache beschäftigt haben, und b)<br />
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