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Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net

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Diese Aussagen erschrecken unser Erfahrungsbewusstsein und<br />

Verstandesdenken, weil man meint, am „<strong>Dasein</strong>“ und an der „Existenz“<br />

alles haben zu können und alles zu haben, was man begehrt - <strong>vom</strong> Inhalt<br />

der Sache und aller Sachen. Und ob aus dem Erschrecken ein Verstehen<br />

folgt, ist ungewiß, weil das sinnliche Ferment in aller Erfahrung und<br />

Verstandestätigkeit wie eine Fesselung wirkt, <strong>die</strong> <strong>vom</strong> Inhalt und dessen<br />

Erkenntnis zu abstrahieren zwingt.<br />

Dieser Einstellung macht <strong>Hegel</strong> den Vorwurf, daß es ihr gleichgültig sei,<br />

welchen Inhaltes Gottes Sein sei, wenn nur „<strong>über</strong>haupt“ gesichert und<br />

beweisbar sei, daß es sei.<br />

Die Gleichgültigkeit gegen<strong>über</strong> dem Inhalt ist eine - im Prinzip - zweifache<br />

und entgegengesetzte: in Zeiten starker und dominanter Religiosität wird<br />

der Inhalt durch <strong>die</strong> amtierende Religion vorgegeben und als bewiesen<br />

vorgesetzt, als Glaubensinhalt, der als gegeben und tra<strong>die</strong>rt genommen<br />

wird. Daß hier das Gottesbeweisen aus Vernunft nur ein Hinzukommendes<br />

ist, versteht sich; daher auch <strong>die</strong> Äußerlichkeit der Gottesbeweise im<br />

Mittelalter; <strong>die</strong>se riskierten wenig, weil <strong>die</strong> Vernunft nicht gegen <strong>die</strong><br />

Heiligkeit des Inhaltes und seiner kirchlichen Lehre und Gestalt agieren<br />

konnte und wollte.<br />

Anders liegen <strong>die</strong> Dinge, wenn Atheismus und Säkularität vorherrschen,<br />

wie etwa seit den Tagen der Aufklärung in der westlichen Welt. Wird hier<br />

<strong>vom</strong> Inhalt abstrahiert, dann wird das Gottesbeweisen geradezu ein<br />

Zauberakt, weil mit dem <strong>Dasein</strong> des Inhaltes zunächst nur ein<br />

unbestimmtes Wesen, <strong>die</strong> Wesenheit eines Gottes ausgesagt würde, dem<br />

jede konkrete inhaltliche Bestimmung fehlte; würde dennoch zu einem<br />

Inhalt aus dem (bewiesenen) <strong>Dasein</strong> fortgegangen, kann nur gezaubert<br />

werden, also: willkürlich behauptet werden, etwa: daß <strong>die</strong> Natur der Inhalt<br />

sei; oder das reine Denken der Vernunft; oder der Mensch; oder <strong>die</strong><br />

Menschheit; oder auch <strong>die</strong> Kunst und der Künstler.<br />

Auch der „sogenannte Begriff“ erregt <strong>Hegel</strong>s Sympathie nicht, obwohl sein<br />

Gang kein anderer ist als jener <strong>vom</strong> Begriff zu seinem <strong>Dasein</strong>; doch liegt<br />

der Mangel der „alten“ (Gottes)Begriffe eben darin, daß sie nicht an ihnen<br />

entwickelt, sondern wie Dogmen aufgestellt wurden, aus Axiomen, <strong>die</strong><br />

durch Autorität <strong>über</strong>nommen wurden. Indes der wahre Begriff ein sich<br />

begreifender sei, also ein sich begründender; und daher ist nur jener<br />

Begriff kein „sogenannter“, der <strong>die</strong>se Letzt- oder Erstbegründung mit sich<br />

führt: aus sich heraus setzt und in sich zurücksetzt.]<br />

Es ist daher <strong>die</strong>se Reflexion nicht ausdrücklich vorhanden, daß durch jene<br />

Übergänge des Schließens sich <strong>die</strong> Inhaltsbestimmungen ergeben; am<br />

wenigsten in dem <strong>Beweise</strong>, der insbesondere von dem vorher<br />

ausgemachten Begriffe Gottes ausgeht und ausdrücklich nur das Bedürfnis<br />

befriedigen soll, jenem Begriff <strong>die</strong> abstrakte Bestimmung des Seins<br />

hinzuzufügen. [160 Das Schließen in der „alten“ Metaphysik wurde als<br />

äußeres Werkzeug betrachtet, das an eine für sich schon fertige Sache<br />

herangebracht wurde. Nun darf man daraus nicht „schließen“, daß <strong>Hegel</strong>s<br />

Ansatz ein „konstruktivistischer“ sei; etwa dergestalt, daß durch unser<br />

Schließen <strong>die</strong> Konstruktion eines Gottesbegriffes oder eines<br />

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