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Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net

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Offenbarung noch Ungewirkte setzt jenen translogischen Bereich in Gott<br />

voraus, dessen freien Geist.<br />

Im Grunde weiß jede Religion von Gott als dem sich wissenden, sich mit<br />

sich vermittelnden; das Christentum bringt <strong>die</strong>se Wahrheit nur auf den<br />

menschheitlichen Punkt, weil sich in ihm Gott selbst auf seinen<br />

menschheitlichen Punkt gebracht hat. Dies legt aber nicht den Gang durch<br />

<strong>die</strong> folgenden Äonen still; Heilsgeschichte ist nicht mit Weltgeschichte<br />

identisch - also wieder <strong>die</strong> Differenz von vorhin: Gott als Gott und Gott als<br />

in seiner Welt - aber beide Geschichten sind auch nicht beliebig und<br />

gleichgültig gegeneinander; ergo ist auch im Gang der Weltgeschichte ein<br />

sich verstärkendes Wirken der Heilsgeschichte nach dem zuarbeitenden<br />

Maß der Weltgeschichte anzunehmen. Durchaus fügen sich <strong>die</strong><br />

Menschheitsverbrechen des 20. Jahrhunderts und der Atheismus des<br />

säkularen Westens in <strong>die</strong>se Annahme. ]<br />

VIII. - Der Glaube nun, indem er Gott zum Gegenstand seines<br />

Bewußtseins hat, hat eben damit <strong>die</strong>se Vermittlung zu seinem<br />

Gegenstande, so wie der Glaube, als im Individuum existierend, nur ist<br />

durch <strong>die</strong> Belehrung, Erziehung, [durch] menschliche Belehrung und<br />

Erziehung <strong>über</strong>haupt, noch mehr durch <strong>die</strong> Belehrung und Erziehung<br />

durch den Geist Gottes, nur als solche Vermittlung ist. Aber auch ganz<br />

abstrakt, ob nun Gott oder welches Ding oder Inhalt der Gegenstand des<br />

Glaubens sei, ist er, wie das Bewußtsein <strong>über</strong>haupt, <strong>die</strong>se Beziehung des<br />

Subjekts auf ein Objekt, so daß das Glauben oder Wissen nur ist<br />

vermittels eines Gegenstandes; sonst ist es leere Identität, ein Glauben<br />

oder Wissen von nichts. [55 Inhalt ist <strong>die</strong> Voraussetzung für <strong>die</strong><br />

Setzbarkeit von Glauben und Wissen; woher kommt daher <strong>die</strong>ser?<br />

Offenbar nicht aus dem Wissen und Glauben als dessen identische<br />

Propria; der Inhalt ist ein Anderes gegen Glauben und Wissen; soviele<br />

verschiedene Inhalte, soviele Weisen von Glauben und Wissen.<br />

Dies ist wichtig, weil im Gottesbeweisen der Schein entsteht, als mache<br />

sich das Denken einen bewiesenen Gedankengott. Umgekehrt der Glauben<br />

einen Projektionsgott: Feuerbach. Wir wären <strong>die</strong> Producteure aller Inhalte,<br />

- eine authentisch neuzeitliche Vorstellung: verum-factum-prinzip, der<br />

Mensch erkenne und glaube nur, was er selbst erschaffen habe.<br />

Bleibt sogleich eine Kleinigkeit zurück: er selbst. Zwangsläufig regre<strong>die</strong>rte<br />

daher jede moderne Religionskritik (Feuerbach, Marx, Freud, Darwin,<br />

Nietzsche) in eine säkulare Anbetung und Vergötterung der säkular<br />

gewordenen Natur, - eine doppelte Peinlichkeit, <strong>die</strong> wahrhaft peinigende<br />

des rächenden Gottes. - Und <strong>die</strong> Kehrseite <strong>die</strong>ser Anbetung und<br />

Vergötzung war und ist ihr Absturz in das Nichts der leeren Identität: noch<br />

<strong>die</strong> Ideologie der Klonbarkeit eines neuen Menschen, einer neuer Natur<br />

durch <strong>die</strong> Vernichtung der vorhandenen usf. gehört in <strong>die</strong>ses<br />

Machtszenarium; der sich selbst neu erschaffende Homunculus: wenn<br />

nämlich der Inhalt und aller Inhalt unseres Glaubens und Wissens<br />

selbstermächtigter Eigenbau wird, - quod erat demonstrandum.<br />

Glauben und Wissen als wahre sind also nur vermittelbar als Vermittlung<br />

einer anderen, einer vorausgesetzten Vermittlung. (Und in der Sicht<br />

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