Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Grund ihrer selbst noch sonst eines Inhaltes sein können, obwohl wir im<br />
Reich sinnlicher Realitäten oft nur nach Gefühl und Herz entscheiden<br />
können, sollen und müssen.<br />
Außerdem ließe sich zwischen Gut und Böse, Wahr und Unwahr nicht mehr<br />
unterscheiden, lägen Gefühl und Herz als erster und letzter Referenz- und<br />
Legitimationsgrund voraus. - Doch sind auch <strong>die</strong> scheinbaren Gegen-<br />
Antworten: der Mensch „an sich“ sei entweder gut oder böse,<br />
unzureichend, weil dabei ein fixes An-Sich (Natur?) des Menschen als<br />
Menschen (im Unterschied zu Vernunft und Freiheit) unreflektiert<br />
vorausgesetzt wird. Daher stürzen <strong>die</strong>se scheinbaren „Wesensantworten“<br />
stets wieder in jene Gefühls- und Herzensantworten ab.<br />
Der Wille als einzelner, der sich als einzelnen will, ist schon das Böse, weil<br />
das Einzelne als Einzelnes vollständiger Mangel an Vernunft und Gutheit,<br />
Wahrheit und Schönheit wäre. Der praktizierte Nominalismus als sein<br />
Gegenteil: Vernichtung von Praxis. - Herz und Gefühl erhalten ihre<br />
entscheidenden Inhaltsbestimmungen durch <strong>die</strong> Unterschiede des<br />
Inhaltes, an denen <strong>die</strong> des Begriffes: Allgemeinheit, Partialität und<br />
Individualität untrennbar vorhanden sind.]<br />
IV. - Es kommt auf <strong>die</strong> Bestimmtheit an, welche das Gefühl hat, das im<br />
Herzen ist; <strong>die</strong>s ist eine so triviale Wahrheit, daß man Bedenken trägt, sie<br />
in den Mund zu nehmen. Aber es gehört zur Bildung, so weit in der<br />
Analyse der Vorstellungen fortgegangen zu sein, daß das Einfachste und<br />
Allgemeinste in Frage gestellt und verneint wird; <strong>die</strong>ser Verflachung oder<br />
Ausklärung, <strong>die</strong> auf ihre Kühnheit eitel ist, sieht es unbedeutend und<br />
unscheinbar aus, triviale Wahrheiten, wie z. B., an <strong>die</strong> auch hier wieder<br />
erinnert werden kann, daß der Mensch von dem Tier sich durchs Denken<br />
unterscheidet, das Gefühl aber mit demselben teilt, zurückzurufen. Ist das<br />
Gefühl religiöses Gefühl, so ist <strong>die</strong> Religion seine Bestimmtheit; ist es<br />
böses, arges Gefühl, so ist das Böse, Arge seine Bestimmtheit. Diese seine<br />
Bestimmtheit ist das, was Inhalt für das Bewußtsein ist, was im<br />
angeführten Spruche Gedanke heißt; das Gefühl ist schlecht um seines<br />
schlechten Inhalts willen, das Herz um seiner argen Gedanken willen. Das<br />
Gefühl ist <strong>die</strong> gemeinschaftliche Form für den verschiedenartigsten Inhalt.<br />
Es kann schon darum ebensowenig Rechtfertigung für irgendeine seiner<br />
Bestimmtheiten, für seinen Inhalt sein als <strong>die</strong> unmittelbare Gewißheit. [65<br />
<strong>Hegel</strong> läßt nicht los, etwas drängt ihn, das Schleiermachersche Gefühls-<br />
Tier zu verschlingen. Als möchte er gegen <strong>die</strong> Verflachung des Religiösen<br />
im Geist seiner Zeit andenken und anschreiben. Andererseits ist ‚Bildung’<br />
ohne analysierende Reflexion auf <strong>die</strong> Inhalte und <strong>die</strong> Formen des Gefühls<br />
unmöglich; in der Aufklärung war <strong>die</strong>ser Gegensatz als „reine und<br />
unmittelbare Natürlichkeit“ und als das genaue Gegenteil: selbstbewusste<br />
Vernünftigkeit angelegt (Rousseau, Voltaire undsofort), und <strong>Hegel</strong><br />
resümiert <strong>die</strong> flachen Resultate der Aufklärung in den Dingen der Religion,<br />
- im Grunde kam keine Spielart von Aufklärung mit dem Wesen und der<br />
Realität von Christentum zurecht.<br />
Daß <strong>die</strong>ses Einerseits-Andererseits in der Moderne zur Zerrissenheit von<br />
Intellekt und Gefühl inmitten des religiösen Bewußtseins führte, muß nicht<br />
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