Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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weniger verständig zu sein als der erste, doch ist verständiger Rat teuer,<br />
soll aus zwei Sätzen, <strong>die</strong> einander aufheben, ein verständig wahrer Satz<br />
<strong>über</strong> das Endliche gefunden werden.<br />
Köstlich <strong>Hegel</strong>s maliziöse Ironie: „wer ist soweit, zu sagen: das Endliche<br />
vergeht.“ Und es folgt <strong>die</strong> Vernichtung der Mücke „ist.“ Das Jetzt taugt<br />
nicht zum anschaulichen Statthalter des unanschaulichen Ist.]<br />
Es dauert ebenso, aber nicht als <strong>die</strong>ses Jetzt, und Jetzt hat nur den Sinn,<br />
<strong>die</strong>ses, in <strong>die</strong>sem Augenblick - ohne Länge, nur ein Punkt zu sein; - es<br />
dauert eben als Negation <strong>die</strong>ses Jetzt, Negation des Endlichen, somit als<br />
unendliches, als allgemeines. Schon das Allgemeine ist unendlich; der<br />
Respekt vor dem Unendlichen, der den Verstand abhält, dasselbe schon in<br />
jedem Allgemeinen vor sich zu haben, ist alberner Respekt zu nennen.<br />
Das Unendliche ist hoch und hehr; aber seine Hoheit und Hehrheit in jene<br />
unzählige Menge von Mücken und <strong>die</strong> Unendlichkeit des Erkennens in das<br />
Kennen jener unzähligen Mücken, d. i. der Einzelnen derselben, zu setzen,<br />
ist nicht <strong>die</strong> Unvermögenheit des Glaubens, des Geistes, der Vernunft,<br />
sondern des Verstandes, das Endliche als ein Nichtiges, das Sein<br />
desselben als ein solches, das schlechthin ebensosehr nur den Wert und<br />
<strong>die</strong> Bedeutung des Nichtseins hat, zu fassen. [316 Das Dauern des „Ist“<br />
am Jetzt, an dessen perennierender Selbstwiederholung, festzumachen,<br />
führt ins Nichts: das Jetzt ist permanent sein Gegenteil: Nicht-Jetzt; zwar<br />
auch wieder dessen Gegenteil: Jetzt, aber zwischen <strong>die</strong>sen beiden<br />
Setzungen ist kein Augenblick Zeit, ist kein Jetzt, kein anderes und drittes<br />
Jetzt, das jene Selbstwiederholung als geruhsames zeitliches Dauern<br />
denken ließe.<br />
Die Wahrheit sinnlicher Datis und Erfahrungen pflegt <strong>vom</strong> Verstand<br />
bekanntlich auch daran festgemacht zu werden, daß zu ihrer Realität und<br />
Realisierung eine gewisse Zeit, eine gewisse Dauer nötig sei; um<br />
beispielsweise einen Ton als Einheit von Schwingungswellen<br />
wahrzunehmen, müsse <strong>die</strong>se Einheit „eine gewisse Dauer“, besitzen, ein<br />
Maß, das nicht unterschritten werden dürfe. (Zeitlichkeit und Messbarkeit<br />
als Letztkriterium - als Realgrund - empirischer Erfahrung und Wahrheit.)<br />
Als ob <strong>die</strong> Realität von Etwas in unserem Bewußtsein durch <strong>die</strong> Zeit würde<br />
zustandekommen.<br />
Das Jetzt ist im Unendlichen des Kontinuums von Sein qua Begriff,<br />
empirisch Zeit genannt, eine stets schon aufgehobene und permanent sich<br />
aufhebende Endlichkeit. Der Inhalt des Seins, des Begriffes geht der Zeit<br />
voraus, auch wenn er in <strong>die</strong>ser erscheint; das wahre Unendliche ist nicht<br />
<strong>die</strong> Schlechte Unendlichkeit der Zeit, sondern <strong>die</strong> Sinnunendlichkeit des<br />
Begriffes, <strong>die</strong> sich in endlicher Weise manifestiert. Das Allgemeine der Zeit<br />
ist dem Allgemeinen des Begriffs subordiniert.<br />
Der Verstand <strong>über</strong>sähe das manifeste Unendliche in jedem existenten<br />
Begriff; also inmitten <strong>die</strong>ser Welt, weil er es in eine andere und jenseitige,<br />
in eine „unendliche“ Welt hinausverlege; aber zwischen <strong>die</strong>sem<br />
„unendlichen“ Respekt und der ebenso „unendlichen“ Vernichtung alles<br />
Unendlichen durch den Verstand ist nur ein Schritt: als radikal empirischer<br />
verabsolutiert er das Endliche als Endliches; als phantastisch<br />
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