Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Doch denkt <strong>Hegel</strong> an den Geist, der geoffenbart wurde, und <strong>die</strong> Relation<br />
Christus-Geist bleibt somit auf der Agenda von <strong>Hegel</strong>s Gottesbeweisen,<br />
obwohl wir <strong>die</strong>se Agenda der Vorstellung und ihrem „Raum“ - einem<br />
religiösen und zugleich geschichtlichen Raum - zurechnen müssen. ]<br />
XVIII. - Von seiten Gottes kann dem Erkennen desselben durch <strong>die</strong><br />
Menschen nichts im Wege stehen. Daß sie Gott nicht erkennen können, ist<br />
dadurch aufgehoben, wenn sie zugeben, daß Gott ein Verhältnis zu uns<br />
hat, daß, indem unser Geist ein Verhältnis zu ihm hat, Gott für uns ist, wie<br />
es ausgedrückt worden, daß er sich mitteile und geoffenbart habe. In der<br />
Natur soll Gott sich offenbaren; aber der Natur, dem Steine, der Pflanze,<br />
dem Tiere kann Gott sich nicht offenbaren, weil Gott Geist ist, nur dem<br />
Menschen, der denkend, Geist ist. [95 <strong>Hegel</strong> schildert das Argument<br />
weiter aus, seine begriffliche Bestimmtheit wird nicht weiter entwickelt. -<br />
Die Kraft des deutschen „Sollen“, doppeldeutig verstehbar zu sein, nutzt<br />
<strong>Hegel</strong>, (wie es scheint, denn auch <strong>die</strong>se Diagnose muß doppeldeutig<br />
bleiben, wenn es <strong>die</strong> Sache ist), um sich entweder <strong>vom</strong> teleologischen<br />
Gottesbeweis: <strong>die</strong> für unsere Natur nützliche Leiblichkeit beweise einen<br />
nützlich denkenden Gott, zu distanzieren, oder aber das „Sollen“ im Sinn<br />
von Gebot und Gebieten einzusetzen, wonach an Gott oder mehr noch den<br />
Gottgläubigen der Auftrag ergeht, daran zu glauben, daß Gott unter dem<br />
Sollen steht, sich in der Natur zu offenbaren.<br />
Der Prämisse: der Geist kann sich nur dem Geist offenbaren, ist <strong>die</strong><br />
Zweitprämisse: der Geist ist denkend, beigesellt. Dies scheinen<br />
koordinierte Prämissen zu sein, ein Schein, der in einen<br />
Reflexionsgegensatz führt: Geist und Denken stehen als gleichberechtigte<br />
Begriffe (und deren Realitäten) gegeneinander. Daraus würde in der<br />
conclusio folgen, daß sich der Geist nicht nur denkend, sondern auch<br />
vorstellend undsofort dem Geist offenbare.<br />
<strong>Hegel</strong>s Überwindung des Reflexionsgegensatzes muß aber das Denken als<br />
Substanz und somit oberste (nicht koordinierte, sondern subordinierende)<br />
Prämisse setzen, woraus in der conclusio folgt: nur dem denkenden Geist<br />
kann sich der denkende Geist offenbaren, also nur durch Denken erfolgt<br />
<strong>die</strong> wirkliche und wahre Offenbarung, <strong>die</strong> eigentliche Selbstoffenbarung<br />
des Geistes, in welcher auch der Gegensatz von endlichem und<br />
unendlichem Geist qua Denken ausgeglichen wird. In der Froschkategorie<br />
‚Qua’ (<strong>die</strong> ein philosophisches = sein möchte) verbirgt sich somit<br />
(wortschwach) das Problem des <strong>Hegel</strong>schen Ansatzes: Geist und Denken<br />
identisch: aber wie und wodurch?]<br />
XIX. - Wenn dem Erkennen Gottes von seiner Seite nichts entgegensteht,<br />
so ist es menschliche Willkür, Affektation der Demut, oder was es sonst<br />
sei, wenn <strong>die</strong> Endlichkeit der Erkenntnis, <strong>die</strong> menschliche Vernunft nur im<br />
Gegensatze gegen <strong>die</strong> göttliche, <strong>die</strong> Schranken der menschlichen Vernunft<br />
als schlechthin feste, als absolute fixiert und behauptet werden. Denn <strong>die</strong>s<br />
ist eben darin entfernt, daß Gott nicht neidisch sei, sondern sich<br />
geoffenbart habe und offenbare; es ist das Nähere darin enthalten, daß<br />
nicht <strong>die</strong> sogenannte menschliche Vernunft und ihre Schranke es ist,<br />
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