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Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net

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anerkannt zu werden. Auch hier erfordert <strong>die</strong> Moderne Stoizismus ein:<br />

nicht jeder, der einen Berg besteigt, nicht jeder, der ein Kunstwerk<br />

schafft, findet eine Bühne der Anerkennung. Nun gibt es aber viele und zu<br />

viele Künstler; <strong>die</strong> Entzweiung <strong>die</strong>ser Antinomie ist wiederum eine der<br />

Welt und eine des Individuums zugleich.]<br />

Dieser Zwiespalt oder Unfriede in uns kann auf <strong>die</strong> gedoppelte Weise<br />

aufgelöst werden: das eine Mal, daß unser äußeres <strong>Dasein</strong>, unser<br />

Zustand, <strong>die</strong> Umstände, <strong>die</strong> uns berühren, für <strong>die</strong> wir uns <strong>über</strong>haupt<br />

interessieren, mit den Wurzeln ihrer Interessen in uns sich in Einklang<br />

setzen - einen Einklang, der als Glück und Befriedigung empfunden wird;<br />

das andere Mal aber, daß im Falle des Zwiespalts beider, somit des<br />

Unglücks, statt der Befriedigung eine natürliche Ruhe des Gemüts oder,<br />

bei tieferer Verletzung eines energischen Willens und seiner berechtigten<br />

Ansprüche, zugleich <strong>die</strong> heroische Stärke desselben eine Zufriedenheit<br />

hervorbringt durch das Vorliebnehmen mit dem gegebenen Zustand, das<br />

Sichfügen in das, was da ist, - ein Nachgeben, welches nicht einseitig das<br />

Äußerliche, <strong>die</strong> Umstände, den Zustand wohl fahrenläßt, weil sie<br />

bezwungen, <strong>über</strong>wältigt sind, sondern welches durch seinen Willen <strong>die</strong><br />

innerliche Bestimmtheit aufgibt, aus sich entläßt. [255 <strong>Hegel</strong> verspricht<br />

uns zu helfen: wie können wir unsere Verdrießlichkeiten loswerden? Die<br />

Pfade der Gottesbeweise müssen vorerst sehen, wie sie ohne uns weiter<br />

kommen.<br />

Erste Lösung: wir leben „im Einklang“ mit der Welt, weil <strong>die</strong>se den Tönen<br />

unseres Gesanges nicht zuwidertönt; unsere Interessen sind ihre<br />

Interessen, unsere Wirklichkeit ist ihre Wirklichkeit, unser Tun und Lassen<br />

ist ihr Tun und Lassen. Wer möchte in solcher Welt nicht glücklich sein<br />

und genannt sein wollen? Unschwer ist zu sehen, daß <strong>Hegel</strong> nicht auf <strong>die</strong><br />

Genesis und das Bestehen von Zwiespalt und Unfriede eingeht. Denn hier<br />

richtet sich das Subjekt seine Welt zurecht, stimmt <strong>die</strong> Gegentöne der<br />

Welt auf seine Stimmlage, und beide, Welt wie Subjekt, haben jeden<br />

Missklang harmonisiert.<br />

Zweite Lösung, geteilt in zwei Sublösungen: a) wir beruhigen uns durch<br />

ein ruhiges Gemüt angesichts von Unglück und Zwiespalt; da wir <strong>die</strong><br />

Befriedigung durch <strong>die</strong> glückliche Übereinstimmung („Einklang“) nicht<br />

finden können, beruhigen wir uns zur Ruhe <strong>über</strong> Unglück und Zwiespalt.<br />

(Keine schlechte Lösung; das Sich-Beruhigen ist pragmatischer<br />

Stoizismus, angewandte Phlegmatik.)<br />

Doch scheint <strong>die</strong> Fähigkeit dazu nicht jedermann, nicht jederfrau gegeben,<br />

daher <strong>die</strong> Sublösung b): es gibt einen „energischen Willen“, der sich<br />

schwer tut mit seiner Selbstberuhigung; auch sind „tiefere Verletzungen“<br />

zu gewärtigen, etwa bei „berechtigten Ansprüchen“. Was ist in <strong>die</strong>sem Fall<br />

(in <strong>die</strong>sem Zufall von Notwendigkeit qua Schicksal) zu tun?<br />

<strong>Hegel</strong>: es bedarf einer „heroischen Stärke“, <strong>die</strong> ermöglicht werde durch<br />

ein „Vorliebnehmen mit dem gegebenen Zustand.“ Man fügt sich, und<br />

zwar nicht aus Widerwillen, sondern aus Liebe, und daher ist auch hier der<br />

Mißklang in Einklang aufgelöst. Im ersten (Lösungsfall) wurde <strong>die</strong><br />

wirkende Wirklichkeit der Welt durch <strong>die</strong> wirkende Wirklichkeit des<br />

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