Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Das Denken kann nicht verstehen, daß man anders als durch Denken<br />
eines Inhaltes und seiner Wahrheit gewiß sein kann; der Glaube kann<br />
nicht verstehen, warum <strong>die</strong>s für sein Verhalten nicht gelten soll; ergo ist<br />
auf der formalen Ebene, auf der beide nur ihre Identität austauschen,<br />
nicht zwischen Glauben und Wissen zu reden. Beide sind stets beides,<br />
aber beide glauben, nur ein Moment ihres Wesens akzentuieren und als<br />
absolute Waffe gegen den anderen vorschieben zu sollen.]<br />
IV. - Aber nun wird das Glauben als ein unmittelbares Wissen bezeich<strong>net</strong><br />
und soll damit wesentlich <strong>vom</strong> vermittelten und vermittelnden Wissen<br />
unterschieden werden. Indem wir hier <strong>die</strong> spekulative Erörterung <strong>die</strong>ser<br />
Begriffe beiseite setzen, um auf dem eigenen Felde <strong>die</strong>ses Behauptens zu<br />
bleiben, so setzen wir <strong>die</strong>ser als absolut behaupteten Trennung das<br />
Faktum entgegen, daß es kein Wissen gibt, ebensowenig als ein<br />
Empfinden, Vorstellen, Wollen, keine dem Geiste zukommende Tätigkeit,<br />
Eigenschaft oder Zustand, was nicht vermittelt und vermittelnd wäre, so<br />
wie keinen sonstigen Gegenstand der Natur und des Geistes, was es sei,<br />
im Himmel, auf Erden und unter der Erde, was nicht <strong>die</strong> Bestimmung der<br />
Vermittlung, ebenso wie <strong>die</strong> der Unmittelbarkeit in sich schlösse. [51<br />
<strong>Hegel</strong> begnügt sich hier mit einem argumentum ad hominem; man möge<br />
annehmen, Unmittelbarkeit ohne Vermittlung sei ein Ungedanke, ein<br />
flatum vocis, nicht mehr. (Wieder <strong>die</strong> Verführung durch das<br />
Verstandesverständnis und den Verstandesgebrauch der Sprache:<br />
Unmittelbarkeit contra Vermittlung scheint ein Gegensatz zu sein, der als<br />
ausschließender allein schon einen Sinn ergeben könnte; in seinem<br />
Inneren starrt der Verstand Worte als Ideen an; er verhält sich zu den<br />
„Zeichen“ der Sprache ähnlich fetischisierend wie <strong>die</strong> Pythagoreer zu den<br />
Zahlen als vermeintlichen Urgründen alles Seienden.)<br />
<strong>Hegel</strong> be<strong>die</strong>nt sich hier - in <strong>die</strong>sem argumentum ad hominem - also selbst<br />
der Figur „Unmittelbarkeit“, denn er behauptet bloß, daß sei, was sei:<br />
alles sei unmittelbar und vermittelt zugleich. Ich behaupte, daß etwas<br />
<strong>über</strong>haupt sei: enthält <strong>die</strong> rhetorische Gestalt der logischen und<br />
ontologischen Unmittelbarkeit. Unmittelbar jetzt stürzt ein Komet auf <strong>die</strong><br />
Erde; er behauptet sich als <strong>die</strong>se Unmittelbarkeit, als Novität, als<br />
grundlose Erscheinung.<br />
Er scheint wie aus einer anderen Welt, in der keine Vermittlung<br />
geschehend, gekommen. Nun ist er aber gekommen, und darin wird <strong>die</strong><br />
Unmittelbarkeit gelesen als Botschaft einer Vermittlung, <strong>die</strong><br />
Unmittelbarkeit werden mußte. - An beide, an Glauben und Wissen,<br />
ergeht also gleichsam nur <strong>die</strong> Bitte, sie mögen sich als<br />
Unmittelbarkeitsgläubige zurücknehmen und gründlicher bedenken.]<br />
V. - So als allgemeines Faktum stellt es <strong>die</strong> logische Philosophie - freilich<br />
zugleich mit seiner Notwendigkeit, an <strong>die</strong> wir hier jedoch nicht zu<br />
appellieren nötig haben - an dem sämtlichen Umfang der<br />
Denkbestimmungen dar. Von dem sinnlichen Stoffe, es sei der äußeren<br />
oder der inneren Wahrnehmung, wird zugegeben, daß er endlich, d. i. daß<br />
er nur als vermittelt durch Anderes sei; aber von <strong>die</strong>sem Stoffe selbst,<br />
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