Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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letzteren Fall, des Nichthinnehmens nämlich der Differenz von endlichem<br />
Sein und unendlichem, zwischen welchen das Sollen als perennierendes<br />
vermittelt, stiege das Bewußtsein aus dem religiösen Gefährt aus. Von<br />
<strong>die</strong>ser Möglichkeit spricht <strong>Hegel</strong> hier nicht, sie bleibt kaum angedeutet in<br />
der säkularen Hinterhand. Im religiösen Bewußtsein gehören beide<br />
Dialektiken und ihr perennierender Wechsel untrennbar zusammen, -<br />
jeder Paulus-Brief gibt ein beredtes Zeugnis.<br />
Im <strong>Hegel</strong>schen Modell der Dialektiken erscheint freilich der Schein, als ob<br />
man wählen könnte, und als ob das Eine ohne das Andere möglich wäre.<br />
Das „Lebensleben“ des Menschen ist aber als konkreter Prozeß jene<br />
Grundlage, an der sich - im religiösen Menschen - jene Bewegung<br />
zwischen Zufriedenheit und Qual, zwischen Erfülltsein und Entzweiung<br />
allein vollzieht, denn das Lebensleben als Totalität hat das Religionsleben<br />
des Subjekts und seiner Kollektive stets als ein Moment integriert, sofern<br />
das Religiöse nicht ausgeschieden wurde. Daß ein konkretistisches<br />
säkulares Bewußtsein nicht mehr verstehen kann, weshalb für <strong>Hegel</strong><br />
„abstraktes Ich“ und „meine Besonderheiten“ auf derselben Ebene liegen,<br />
versteht sich.<br />
Was also in der Relation Sehnsucht und Zufriedenheit dank Gefühlsleben<br />
positiv, <strong>die</strong>s ist in der Relation Sehsucht und Unzufriedenheit negativ: das<br />
Ich-selbst als sich empfindendes. Denn das Ich kann sich nur in<br />
besonderen Inhalten als Ich-selbst empfinden; und schon daran, nicht das<br />
Allgefühl aller Iche zu sein, nicht das Gottgefühl Gottes zu sein, kann es<br />
<strong>die</strong> Eitelkeit entfalten, an seinem Status als Ich zu verzweifeln.<br />
Gewiß hatte Hitler als Regent und Diktator <strong>die</strong> meiste Zeit <strong>über</strong>aus<br />
positive Selbstgefühle, - einen Rausch vergöttlichender Selbstbestätigung;<br />
alles geriet ihm zur Größe, <strong>die</strong> Welt schien am deutschen Wesen zu<br />
genesen; <strong>die</strong> Sehnsucht der Erlösung durch ein „Tausendjähriges Reich“<br />
schien sich zu erfüllen. Die Seite der Verzweiflung fiel in den Nicht-Hitler<br />
als Verfolgten und Ermordeten, - in einen Rausch der Verzweiflung und<br />
Vernichtung. Die säkulare Welt hatte sich dämonisch entzweigeteilt. Das<br />
Sollen schien auf der einen Seite beinahe schon erfüllt; auf der anderen<br />
Seite für immer aus <strong>die</strong>ser Welt verschwunden. Ein leeres Ich hatte sich<br />
mit sich erfüllt...]<br />
XI. - Diese feste Reflexion selbst hindert es, daß ich von dem<br />
substantiellen Inhalte, von der Sache erfüllt werden kann; denn in der<br />
Sache vergesse ich mich; indem ich mich in sie vertiefe, verschwindet von<br />
selbst jene Reflexion auf mich; ich bin als Subjektives bestimmt nur im<br />
Gegensatze gegen <strong>die</strong> Sache, der mir durch <strong>die</strong> Reflexion auf mich<br />
verbleibt. So mich außerhalb der Sache haltend, lenkt sich, indem sie<br />
mein Zweck ist, das Interesse von der Aufmerksamkeit auf <strong>die</strong>se auf mich<br />
zurück; ich leere mich perennierend aus und enthalte mich in <strong>die</strong>ser<br />
Leerheit. [72 Sei <strong>die</strong> Bewegung der Sache und sonst nichts, <strong>die</strong>s der<br />
Imperativ <strong>Hegel</strong>s; sei also jenes Nichts, das <strong>die</strong> Sache von Nichts zu<br />
Nichts bewegt, und Du wirst eine Erfüllung sein. Nun hat aber das<br />
empfindende Ich-selbst sich selbst zur Sache oder möchte sich als rein<br />
<strong>die</strong>ses sich empfindende Ich zur Sache haben; es ist somit ein<br />
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