Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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der <strong>Beweise</strong> des pythagoreischen Lehrsatzes spricht für <strong>die</strong>sen und seine<br />
Notwendigkeit und Allgemeingültigkeit. Eine universale Wahrheit hat somit<br />
ein Hauptverhältnis, aus dem subordinierte - koordinierte oder<br />
spezifizierte Verhältnisse resultieren, <strong>die</strong> allesamt der Sache selbst<br />
angehören, kaum oder nur mitunter der Wirkung <strong>die</strong>ser Sache auf andere<br />
Sachen (geometrische) derselben Sphäre oder nicht derselben Sphäre:<br />
aller Weltinhalte.<br />
Dies „geschichtliche Faktum“ bezieht daher seine Bedeutung a) zuerst aus<br />
sich selbst: es ist im Logos der Geometrie ein Gesetz entdeckt worden,<br />
das der Welt (auch der nichtgeometrischen, kaum an Mathematik<br />
interessierten, aber auch den Fach-Welten anderer Gegenstände)<br />
anzuvertrauen ist. Dieser Weltzustand ist ein „unendlicher“, und daher<br />
sind auch <strong>die</strong> Wirkungen und Nichtwirkungen des tra<strong>die</strong>rten Satzes des<br />
Pythagoras sogleich unendliche. Und daher kann aus <strong>die</strong>ser Unendlichkeit<br />
<strong>die</strong> Unterstellung gefolgert werden, Grund und Ursache der Wahrheit des<br />
Inhaltes wie auch seiner Entdeckung sei nicht ein mathematischgeometrisches<br />
Prinzip und Aufdecken, sondern irgendeine andere Sache<br />
von Welt und deren Agenten.<br />
Unter „direkte Zeugnisse“ scheint <strong>Hegel</strong> nun (sofern er im<br />
Mathematischen bleibt) gleichfalls eine Vielheit zu beantragen, und auch<br />
<strong>die</strong>s ist richtig: denn sogleich wurde der pythagoreische Lehrsatz in<br />
mannigfaltigen Versionen <strong>über</strong>liefert. Dies (vielfache) Bezeugen des<br />
<strong>Beweise</strong>s tut seiner Wahrheit keinen Abbruch, im Gegenteil. Denn der<br />
Beweis erfolgt nicht aus Heiliger Urkunde, nicht durch Dekret eines<br />
Heiligen Wortes und deren Bezeugungen durch direkte oder indirekte<br />
Zeugen, sondern einzig und allein aus der Sache selbst: aus dem Logos<br />
von Geometrie, Abteilung Dreieck und Genossen. ]<br />
Wenn bei einem mathematischen Satze auch ein einziger für genügend<br />
gilt, so ist es vornehmlich bei geschichtlichen Gegenständen, juridischen<br />
Fällen, daß eine Mehrheit von <strong>Beweise</strong>n dafür gelten muß, <strong>die</strong> Beweiskraft<br />
selbst zu verstärken. Auf dem Gebiete der Erfahrung, der Erscheinungen<br />
hat der Gegenstand als ein empirisch Einzelnes <strong>die</strong> Bestimmung der<br />
Zufälligkeit, und ebenso gibt <strong>die</strong> Einzelheit der Kenntnis ihr eben<br />
denselben Schein. [147 <strong>Hegel</strong> wechselt das Vergleichsobjekt, um <strong>die</strong><br />
Realität von „<strong>Beweise</strong>n“ ein wenig durchzudeklinieren. Es gelingt ihm,<br />
nicht bei der Sache bleibend bei der Sache zu bleiben.<br />
Geschichtliche und juridische Gegenstände: Prinzipien von Imperien und<br />
Ereignissen, Prinzipien von Verfassungen und Rechtsfälle undsofort,<br />
machen es wesentlich schwieriger festzustellen, was hier Sache und<br />
Hauptsache ist, und <strong>die</strong>s nicht nur deswegen, weil von <strong>die</strong>sen Sachen alle<br />
betroffen sind, sondern weil Geschichtlichkeit zu ihrer Wahrheit gehört,<br />
genauer: weil in vielen ihrer Hauptsachen <strong>die</strong> Entwicklung derselben noch<br />
nicht abgeschlossen ist, woraus geschlossen werden kann und muß, daß<br />
<strong>die</strong> eigentlich gesuchte Sache noch nicht gefunden, noch nicht erschienen<br />
ist: <strong>die</strong> gerechte Welt, <strong>die</strong> gerechte Geschichte, der vernünftige Zustand<br />
von (politischer) Welt qua Staat, Gesellschaft, Kultur in globaler<br />
Perspektive von Menschheit als Subjekt der Geschichte.<br />
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