Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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loß das Wissen. - Eigentlich hat wohl das Nichtwissen dasselbe sagen<br />
wollen.“<br />
Göschel brillant.]<br />
IX. - Aber auch bei den ganz allgemeinen Vorstellungen, an <strong>die</strong> wir uns<br />
hier halten wollen, um noch von Gott aus <strong>über</strong> das Verhältnis desselben<br />
zum menschlichen Geiste zu sprechen, treffen wir am allermeisten auf <strong>die</strong><br />
solchem Vorhaben widersprechende Annahme, daß wir Gott nicht<br />
erkennen, auch im Glauben an ihn nicht wissen, was er ist, also von ihm<br />
nicht ausgehen können. Von Gott den Ausgang nehmen, würde<br />
voraussetzen, daß man anzugeben wüßte und angegeben hätte, was Gott<br />
an ihm selbst ist, als erstes Objekt. Jene Annahme erlaubt aber nur von<br />
unserer Beziehung auf ihn, von der Religion zu sprechen, nicht von Gott<br />
selbst; sie läßt nicht eine Theologie, eine Lehre von Gott gelten, wohl aber<br />
eine Lehre von der Religion. [86 Immer noch kämpft <strong>Hegel</strong> mit den<br />
Gegnern, und <strong>die</strong>ser Kampf ist doch der eigentliche Grund einer<br />
„Einleitung“, <strong>die</strong> keine sein möchte. Keine Frage: <strong>Hegel</strong> beantragt, daß<br />
seine spekulative Philosophie Theo-Logie sei, <strong>die</strong> wahre des Christentums,<br />
somit eine Gotteslehre, <strong>die</strong> ins Innerste einer (neuen) Religionslehre - der<br />
des sich erkennenden Christentums - zu rücken habe.<br />
Das „von Gott ausgehen können“ ist eine interessante Wendung, deren<br />
Bedeutung nicht auf dem Standpunkt der Vorstellung erkannt werden<br />
kann. Aber <strong>die</strong> Metaphern „von“ und „Ausgehen“ lassen dem bloß<br />
einleitenden Spekulativ-Philosophen keine Wahl… Daß wir in unserer<br />
Beziehung auf Gott immer schon in einer Beziehung Gottes auf uns<br />
stünden, <strong>die</strong>se Doppelrelation kann nicht durch Vorstellungsreferenzen<br />
(„<strong>die</strong> ganz allgemeinen Vorstellungen“) belegt, bewiesen und ausgeführt<br />
werden. Die Grenze des Vorstellens im Gelände von Theo-Logie wird<br />
offenbar.]<br />
X. - Wenn es auch nicht gerade eine solche Lehre ist, so hören wir viel,<br />
unendlich viel - oder vielmehr in unendlichen Wiederholungen doch wenig<br />
- von Religion sprechen, desto weniger von Gott selbst; <strong>die</strong>s<br />
perennierende Explizieren <strong>über</strong> Religion, <strong>die</strong> Notwendigkeit, auch<br />
Nützlichkeit usf. derselben, verbunden mit der unbedeutenden oder selbst<br />
untersagten Explikation <strong>über</strong> Gott, ist eine eigentümliche Erscheinung der<br />
Geistesbildung der Zeit. Wir kommen am kürzesten ab, wenn wir selbst<br />
uns <strong>die</strong>sen Standpunkt gefallen lassen, so daß wir nichts vor uns haben<br />
als <strong>die</strong> trockene Bestimmung eines Verhältnisses, in dem unser<br />
Bewußtsein zu Gott stehe. [87 <strong>Hegel</strong>s Klage <strong>über</strong> „ein perennierendes<br />
Explizieren <strong>über</strong> Religion“, bei gleichzeitigen Schweigen <strong>über</strong> Gott, ist ein<br />
Charakteristikum „der Geistesbildung der Zeit“ geblieben, es hat sich<br />
womöglich im 20. Jahrhundert unendlich verstärkt und wird sich im 21.<br />
Jahrhundert weiter verstärken. Man spricht daher <strong>über</strong> einen Dialog der<br />
Religionen, nicht aber <strong>über</strong> einen Dialog der verschiedenen Gottesbegriffe<br />
verschiedener Religionen. Man umgeht <strong>die</strong>sen „heißen Brei“ wie <strong>die</strong><br />
berühmte Katze, der nicht geheuer ist, was sich so heiß und verbrennend<br />
darbietet.<br />
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