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Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net

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Existenz, als <strong>die</strong>ser Einzelne eben <strong>die</strong>se Endlichkeit, so in getrenntem, sich<br />

selbst äußerlichem <strong>Dasein</strong> zu sein. Aber Gott ist nur <strong>die</strong>ser Eine, ist nur als<br />

<strong>die</strong>ser eine Gott; also <strong>die</strong> subjektive Wirklichkeit untrennbar von der Idee<br />

und damit ebenso ungetrennt an ihr selber. [166 <strong>Hegel</strong>s köstliche<br />

Entschuldigungsformel wirft den schlimmen Buben vor, daß sie sich<br />

ständig ungehörig aufführten: sie trennten, was zusammengehöre, sie<br />

setzten falsche Zwecke an <strong>die</strong> Stelle der wahren; sie vergeudeten <strong>die</strong><br />

besten Anlagen durch schlechteste Buch- und Kontoführung, kurz: sie<br />

verrieten <strong>die</strong> Vernunft ihres Geistes. Ist ihnen noch zu helfen? Durch<br />

Philosophie vielleicht?<br />

<strong>Hegel</strong> unterscheidet, so scheint es, eine korrumpierte empirische<br />

Wirklichkeit des Geistes von einer nichtkorrumpierten (nichtempirischen)<br />

Wirklichkeit des Geistes. Natürlich fragen wir sofort und ungeniert: wo und<br />

wie existiert <strong>die</strong> Wirklichkeit der Idee des Geistes, für deren<br />

Ungetrenntheit und schuldlose Vollkommenheit <strong>Hegel</strong> Partei ergreift.<br />

Es scheint eine Wirklichkeit zu sein, in der nicht wie bei uns zwischen<br />

Anlage und Investition, zwischen Vermögen und Ausführung, zwischen<br />

Wollen und Tun ein trennender und irreführender, ein täuschender und<br />

abgründiger Graben liegt. Eine Wirklichkeit, in der auch zwischen den<br />

höchsten Gliedern: Freiheit und Notwendigkeit, Begriff und Realität jene<br />

Einheit und verwirklichte Vollkommenheit regiert, <strong>die</strong> das Selbstgenügen<br />

der ewig an sich erfreuten Gottheit erfüllt.<br />

Seinem Wesen in seinem <strong>Dasein</strong> äußerlich zu sein, seiner Identität und<br />

Fülle entfremdet sein: endlicher Geist in individueller Existenz. Aber <strong>Hegel</strong><br />

nimmt hier <strong>die</strong> geschichtliche Endlichkeit und Bedingtheit als Moment der<br />

individuellen; dagegen muß gesagt werden, daß auch <strong>die</strong> kollektive<br />

Existenz des endlichen Geistes eine endliche ist, eben eine (immer auch)<br />

geschichtliche.<br />

Solange Geschichte existiert, stimmen <strong>Dasein</strong> und Idee des Geistes in<br />

existierenden Menschen und deren Kollektivas: Institutionen und Kulturen,<br />

nicht <strong>über</strong>ein. Stimmten sie <strong>über</strong>ein, wäre Geschichte an ihr Ende gelangt;<br />

könnte sie <strong>über</strong>haupt nicht mehr <strong>über</strong>einstimmen, wäre <strong>die</strong> Geschichte<br />

der Menschheit durch irgendein katastrophales Ereignis erschüttert und<br />

entweder für immer oder eine mehr oder weniger langwährende Periode<br />

zerstört.<br />

Von <strong>die</strong>sen Möglichkeiten der sich selbst äußerlichen und sogar sich selbst<br />

zerstörenden Endlichkeit des endlich existierenden Geistes sei nun Gott,<br />

weil der Eine, fern und unbetroffen. Gott ist der Eine, und der Eine ist<br />

Gott, eine Gleichung in doppelter Richtung, <strong>die</strong> einen Unterschied setzt,<br />

der keiner sei, eine Einmaligkeit und Einzigartigkeit somit, an deren<br />

Existenz wieder <strong>die</strong> Frage ihres Ortes und ihrer Beweisbarkeit ergeht.<br />

Ohne Zweifel leug<strong>net</strong> <strong>Hegel</strong> (hier) nicht, was ihm oft unterstellt wurde und<br />

wird, <strong>die</strong> individuelle Existenz Gottes, doch freilich mit der (absoluten)<br />

Einschränkung oder vielmehr Entschränkung, daß für Gottes „subjektive<br />

Wirklichkeit“ gerade nicht gilt, was für <strong>die</strong> subjektive Wirklichkeit jedes<br />

endlichen Geistes gilt: kontingente Existenz. In seiner Idee existiert<br />

demnach der sich als Idee wissende Gott von Ewigkeit zu Ewigkeit. Die<br />

Frage nach dem Ort ist damit beantwortet, ohne daß eine empirische<br />

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