Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
nur <strong>die</strong> Wahrheit des göttlichen Geistes, das an und für sich Allgemeine,<br />
aber eben damit nicht das abstrakte, sondern dasselbe wesentlich in<br />
seiner, und zwar eigenen Entwicklung; der Gehalt ist so wesentlich an sich<br />
Gedanke und im Gedanken. [78 Herz soll Intellekt, Intellekt soll Herz<br />
werden; das Gefühl soll an einem objektiven Inhalt, hier dem als absolut<br />
behaupteten und vorausgesetzten, einen Halt haben, soll <strong>die</strong>sen Gehalt<br />
fühlen, nicht sich selbst, nicht sich als intensive oder sonstwie formell<br />
geprägte und selbstgeprägte Form des Fühlens fühlen.<br />
Denn <strong>die</strong> Form (des Gefühls) kann sich selbst, gleichsam ohne Inhalt<br />
formieren: das Gefühl kann sich gleichsam in sich verlieben, autistisch<br />
sich auf sich wenden, und wann und wo wäre es dagegen „absolut“ gefeit,<br />
da es schließlich stets ein liebes Ich (ein endlicher Inhalt) ist, das sich in<br />
seinen Inhalten empfindet, fühlt, „hat“ und „bekommt“?<br />
Redewendungen wie: ein weites Gefühl, ein tiefes, ein intensives, ein<br />
starkes Gefühl undsofort drücken <strong>die</strong>se selbstverstärkende Rückwendung<br />
der Form des Fühlens auf sich selbst treffend aus; es ist ein sich durch<br />
sich weitendes Gefühl, ein sich durch sich vertiefendes Gefühl, und das<br />
Selbst <strong>die</strong>ses Intensivierens und Vertiefens ist stets nur das endliche<br />
Selbst des sich fühlenden Gefühls, - <strong>die</strong> Form wird ihren Inhalt niemals<br />
los, <strong>die</strong>ser wir desto endlicher, als nur das Gefühl das Formende und<br />
Prägende sein soll.<br />
Dagegen erfolgt nun <strong>Hegel</strong>s Einspruch: wirkliche Weite und Tiefe des<br />
Herzens ist da, wo <strong>die</strong> Sache weit und tief ist, und mehr noch: weil <strong>die</strong><br />
Sache in ihrem Innersten Gedanke, Denken, Denken des absoluten<br />
Selbstes ist, ist nur das denkende Erfassen der Sache <strong>die</strong> wahrhafte<br />
Weitung und Vertiefung des endlichen Selbstes. Ergo gilt: je weiter <strong>die</strong><br />
Sache, desto weiter das Herz, je tiefer <strong>die</strong> Erkenntnis der Sache, desto<br />
tiefer das Herz.<br />
Diese Ineinanderbewegung oder Erhebung bzw. Erniedrigung der beide<br />
Selbste erhält bei <strong>Hegel</strong>, da der Gehalt des Selbstes der Gedanke (das<br />
Denken) des göttlichen Geistes sei, sogleich <strong>die</strong> Form, daß das Ich<br />
(Einzelner) seine ihm eigene (ihm angehörende, nicht von ihm<br />
gegründete, von ihm nur bezeugte, nicht erzeugte) anunfürsichseiende<br />
Allgemeinheit erkennt; und weil der Gedanke des göttlichen Geistes<br />
dessen eigene (des Gottes) ewige Selbsterkenntnis ist, ist auch das<br />
Denken des endlichen Geistes in <strong>die</strong>ses Anundfürsichsein und<br />
Anundfürsichdenken erhoben. Populär: das endliche Ich erkennt <strong>die</strong><br />
Gedanken (Psalm 139: ihrer sind mehr als des Sandes am Meer)der<br />
unendlichen Ichheit, und zwar durch lebendige Gedanken, lebendiges<br />
Denken, also durch „Gedankenvollzug.“<br />
Während Gott nicht Gedanken vollzieht, sondern der vollzogene Gedanke<br />
ist, bleibt dem endlichen Geist <strong>die</strong> Aufgabe des Nachdenkens<br />
(Nachbezeugens) unerlässlich; und darin bleibt auch <strong>die</strong> Differenz von<br />
endlichem Geist qua Denken und absolutem Geist qua Denken erhalten;<br />
das Nachdenken als Form des Denkens fällt nur in den endlichen Geist.<br />
Und <strong>die</strong>se (nicht numerische)Identität von endlichem und absolutem Geist<br />
müsse als erkannte, so <strong>Hegel</strong>, als vollziehbare und vollzogene auch in das<br />
Innerste des Glaubens eintreten, um <strong>die</strong>sen vor der Willkür des<br />
82