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Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net

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sich leicht aus den Artefakten der alten Kulturen wie auch aus dem Begriff<br />

des Geistes rekonstruieren.<br />

Weil wir jedoch beim Übersetzen der alten Namen jener Vorstellungen in<br />

unsere Sprache und Denkweise - selbstverständlich - unsere Namen und<br />

Vorstellungen und Begriffe einsetzen, entsteht notwendigerweise ein Streit<br />

dar<strong>über</strong>, ob <strong>die</strong>ser Übersetzungshilfe beziehungsweise -projektion zu<br />

trauen ist oder nicht. Dieses Misstrauen betrifft - selbstverständlich - nicht<br />

nur unsere Namen für Götter und Gott, es betrifft alle Wörter unserer (und<br />

jeder) Sprache. Noch das englische I ist nicht hundertprozentig dasselbe<br />

wie das deutsche Ich.<br />

<strong>Hegel</strong>s „vielleicht doch“ zeigt eine Höflichkeitsgrenze seiner Diktion an: er<br />

möchte der Bibel und ihrem Fortleben im Bewußtsein der Gläubigen seiner<br />

Zeit nicht nahe treten, er weiß, daß es <strong>die</strong>sem Bewusstsein schwerfällt,<br />

den Namen Gott mit den vor- und außerchristlichen Gottheiten zu<br />

verbinden. Doch spricht seine Religionsphilosophie <strong>die</strong>sbezüglich mit<br />

unbestechlicher Klarheit: auch das Christentum verdanke sich nämlich<br />

einer Überwindung der Natur- und mythischen Religion durch jenen Geist,<br />

der im Christentum zu Selbstbewusstsein und -evidenz gekommen wäre.<br />

Die Frage nach der Gemeinschaftlichkeit des Namens und dessen, was der<br />

identische Namen bezeich<strong>net</strong>, ist von höchster Aktualität, wie <strong>die</strong><br />

gegenwärtige Auseinandersetzung der drei monotheistischen und<br />

angeblich abrahamitischen Religionen zeigt. Ist „Allah“ derselbe Name,<br />

den der trinitarische Gott des Christentums in seinem Emblem führt?<br />

Derselbe, der sich mit Jahwe ansprechen lässt?<br />

Wenn <strong>die</strong>s der Fall sein sollte, wäre Auseinandersetzung und „Dialog“<br />

<strong>über</strong>flüssig, denn wir hätten eine Religion eines Gottes, <strong>die</strong> sich zu drei<br />

koordinierten Religionen ausgefaltet hätte, <strong>die</strong> mithin in bestem und<br />

tiefstem Frieden koexistieren könnten, sollten und müssten. - Vor dem<br />

Hintergrund <strong>die</strong>ser Fragen steigt der Relevanzkurs aller Fragen <strong>über</strong><br />

mögliche oder unmögliche Gottesbeweise, den ontologischen<br />

insbesondere, erheblich an.]<br />

IX. - Werden wir den Apis der Ägypter, den Affen, <strong>die</strong> Kuh usf. der Inder<br />

usw. Gott nennen wollen? Wenn auch von der Religion <strong>die</strong>ser Völker<br />

gesprochen und ihnen damit mehr als ein Aberglauben zugeschrieben<br />

wird, kann man doch Bedenken tragen, <strong>vom</strong> Glauben an Gott bei ihnen zu<br />

sprechen, oder Gott wird zu der völlig unbestimmten Vorstellung eines<br />

Höheren ganz <strong>über</strong>haupt, nicht einmal eines Unsichtbaren, Unsinnlichen.<br />

Man kann dabei stehenbleiben, eine schlechte, falsche Religion immer<br />

noch eine Religion zu nennen, und es sei besser, daß <strong>die</strong> Völker eine<br />

falsche Religion haben als gar keine (wie man von einer Frau sagt, <strong>die</strong> auf<br />

<strong>die</strong> Klage, daß es schlecht Wetter sei, erwidert habe, daß solches Wetter<br />

immer noch besser sei als gar kein Wetter). [106 <strong>Hegel</strong> schwätzt beiseite,<br />

um seine Hörer und Hörerinnen bei Laune zu halten. Das Unbestimmte<br />

(eines unerkannten Wesens der Götter und Gottes) noch <strong>über</strong> den<br />

bestimmtesten Bestimmtheiten konkreter Götter und Gottesvorstellungen<br />

findet sich in jeder Religion, auch in der des Christentums: denn ein<br />

„Geheimnis“ des Glaubens wird von <strong>die</strong>sem angezeigt, wenn <strong>die</strong><br />

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