Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Zwar könnte man auch mit dem Denken noch „fertig“ werden, indem man<br />
es mit theologischer Rhetorik aushebelte und umdächte, aber da schon<br />
dem Gedanken, daß Sein und Denken im göttlichen Sein eins und<br />
dasselbe (und doch zwei und nichtdasselbe) seien, Beweiskraft beiwohnen<br />
soll, muß Theologie ein aus Vernunft erfolgendes Placet und Nil obstat zu<br />
<strong>die</strong>ser Identität geben. Sie muß folglich Philosophie geworden sein, um<br />
sich auf das spekulative Niveau des ontologischen <strong>Beweise</strong>s einzulassen.]<br />
Dieser Unterschied, obgleich derselbe als ein nur sich so vorfindender,<br />
zufälliger aufgeführt wird, gründet sich auf eine Notwendigkeit, <strong>die</strong><br />
bemerklich zu machen ist. Wir haben nämlich zwei Bestimmungen vor<br />
uns, den Gedanken Gottes und das Sein. Es kann also sowohl von der<br />
einen als der anderen ausgegangen werden in dem Gange, der ihre<br />
Verbindung bewerkstelligen soll. Bei dem bloßen Können scheint es<br />
gleichgültig, von welcher aus der Weg gemacht werde; ferner auch, wenn<br />
auf einem <strong>die</strong> Verknüpfung zustande gekommen, erscheint der andere als<br />
<strong>über</strong>flüssig. [174 Bloße Vorgefundenheit (des Unterschieds von Denken<br />
und Sein) als ein Mangel, wie schon mehrfach erwähnt; am und <strong>vom</strong><br />
Vorgefundenen geht der Verstand sodann zurück auf <strong>die</strong> Gründe des<br />
Vorgefundenen; und <strong>die</strong>se äußerliche Reflexion, eine Re-Deduktion<br />
gewissermaßen, <strong>die</strong> immer schon voraussetzt, was sie setzen sollte, muß<br />
<strong>Hegel</strong> im folgenden nachvollziehen, jedoch im Wissen um <strong>die</strong><br />
Mangelhaftigkeit <strong>die</strong>ser Reflexion und Re-Deduktion.<br />
(Was sich vorfindet ist <strong>über</strong>haupt mit Kontingenz beschlagen; denn hätte<br />
es sich nicht vorgefunden, hätte man sich <strong>die</strong> Mühe ersparen können und<br />
dürfen, am Vorgefundenen „herumdenken“ zu müssen. Man hätte<br />
vielleicht etwas ganz anderes gefunden: ein Übersein oder Untersein, ein<br />
Überdenken oder Unterdenken. Das Vorfinden wird als eine Art von<br />
unvordenklichem Akt konstruiert und festgehalten, als einer, der jenseits<br />
oder <strong>die</strong>sseits der Vernunft, entweder <strong>über</strong> <strong>die</strong>ser oder unter <strong>die</strong>ser, somit<br />
entweder als Intuition oder als sinnliche Erfahrung geglaubt und vermeint<br />
wird.)<br />
<strong>Hegel</strong> versucht nun <strong>die</strong>se Zufälligkeit aufzulösen, indem er <strong>die</strong><br />
unhintergehbare Notwendigkeit zeigt, aus der allein das scheinbar<br />
Zufällige erscheint und vorfindbar werden muß. Somit vollzieht er <strong>die</strong><br />
Reflexion der sich (in ihren Grund) aufhebenden Vorfindung nach, aber<br />
mit der Pointe, den Mangel der Vorfindung ebenso wie den ihrer<br />
reduktiven Auflösung erkannt zu haben. Er spricht also gleichsam hinter<br />
dem Rücken des Verstandes oder wie ein Sprecher und Strippenzieher im<br />
Mario<strong>net</strong>tentheater, der weiß, was kommt und was gewesen.<br />
(Das Vorfinden scheint ohne Gründe geschehen zu sein; als ein<br />
Zufallsfund, der dem Denken beschert wurde; es scheint auch eine ganz<br />
andere Letztrelation geben zu können als jene von Sein und Denken. Aber<br />
im genannten Vorfinden (von Denken und Sein), das so frei von jeder<br />
Bedrängung zu geschehen scheint, ist sogar <strong>die</strong>se Freiheit durch <strong>die</strong><br />
Notwendigkeit des Müssens und Seinsollens von Sein und Denken bedingt<br />
und begründet. Es hat vorgefunden werden müssen.)<br />
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