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Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net

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anundfürsich existierende Liebe Gottes zu verstehen, in der jeder Gehalt,<br />

sofern in ihm ein Universales erscheint, eine „Erweiterung“ des Herzens,<br />

eine Vergegenständlichung von Geist und Freiheit, immer schon inhäriert,<br />

- geborgen und ermöglicht ist.<br />

Wieder fehlt hier der Verweis auf <strong>die</strong> Geschichte, auf das Werdenmüssen<br />

der anundfürsichseienden Liebe aus den Fängen der Natur heraus; unter<br />

Menschenfressern war es unsittlich und unmoralisch, sich nicht am<br />

Geschmause der Leichen der getöteten Feinde zu beteiligen.<br />

Es ist klar, daß zwischen zwei nichttonalen Tönen nicht <strong>die</strong>selbe<br />

Universalität von Liebe unter Tönen sein kann, <strong>die</strong> unter tonalen besteht;<br />

daher <strong>die</strong> besondere Individualität der Moderne <strong>die</strong> Tonalität zerbrechen<br />

mußte, um ihrer Differenz von einer allgemeinen Individualität, <strong>die</strong> in eine<br />

hohle Unterhaltungsliebe zwischen tonalen Tönen zu versinken begann,<br />

radikalen Ausdruck zu geben. Was nicht miteinander redet und nicht<br />

miteinander reden kann, das liebt sich nicht, das haßt sich; <strong>die</strong>ser Haß ist<br />

das Problem aller E-Musik, <strong>die</strong> ihr Leiden an der U-Musik ernst nimmt. Es<br />

ist ein notwendiger Haß, und dennoch ein nur geschichtlicher; jedenfalls<br />

kann er nicht Grund und Zweck einer universalen Musik werden. Der Geist<br />

Gottes kann sich weder in nichttonaler noch in unterhaltend tonaler<br />

entfalten, versteht sich; er hat sich in seiner musikbedingten<br />

Allgemeinheit längst entfaltet.<br />

Auch <strong>die</strong>se (musikalisch) universale Predigt wurde nur einmal gehalten.<br />

Der Irrtum der marxistischen Musikphilosophie, <strong>die</strong> Wahrheit der Musik<br />

habe ihr Telos in einer stets fortschreitenden und an sich unendlichen<br />

Subjektivierung, verwechselt <strong>die</strong> schlechte Unendlichkeit endlicher<br />

Inhaltssetzung mit der wahren Unendlichkeit wahrer Allgemeinheit und<br />

Individualität. Der Wert des Inhalts trennt absolut <strong>die</strong> Musiken Beethovens<br />

und Stockhausens.<br />

Daher kann der moderne Künstler <strong>die</strong> „Eigenheit seines Herzens“ nicht nur<br />

nicht aufzehren, er ist vielmehr gezwungen, <strong>die</strong>selbe ins Äußerste zu<br />

steigern, sich und seine Partikularität zu einer gegengöttlichen und<br />

einzigen zu erheben, und einzig der Auftrag, dem deus absconditus eine<br />

klagende und anklagende Stimme zu leihen, salviert das ganze<br />

Unternehmen.<br />

Daß <strong>Hegel</strong> am Ende auf das Handeln kommt, liegt im Wesen von Geist als<br />

Einheit von Willen und Intellekt; er kann nur als Synthese von Praxis und<br />

Theorie beides sein; was im Inneren ist, ist <strong>die</strong>s nur, wenn es im Äußeren<br />

gehandelt wurde; und was im Äußeren gehandelt wurde, konnte <strong>die</strong>s<br />

nicht, wenn es nicht im Inneren konzipiert wurde und in <strong>die</strong>ses<br />

zurückkehrt. Das anundfürsichseiende Allgemeine ist daher Handeln und<br />

Handlungsinhalt, es ist der Selbstauftrag, sich in seiner Geschichte zu<br />

realisieren, ein reales Anundfürsichsein zu werden und zu sein, - ein<br />

Gewesensein zu werden.<br />

Wie handeln <strong>die</strong> absoluten Gehalte im Handeln der Menschen in ihrer<br />

Geschichte?: <strong>die</strong>s ist <strong>die</strong> Grundfrage jeder Geschichtsphilosophie und jeder<br />

Realphilosophie, in der Geschichte aus freiem Handeln behandelt wird, -<br />

also mit Ausnahme der Natur und Naturphilosophie: in jeder Geschichte<br />

jedes universalen Inhaltes.<br />

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