Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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estimmt werden, <strong>die</strong> Zufälligkeit der weltlichen Dinge und dann <strong>die</strong><br />
zweckmäßige Beziehung derselben in ihnen selbst und aufeinander. Aber<br />
außer <strong>die</strong>sen dem Inhalte nach endlichen Anfängen gibt es noch einen<br />
anderen Ausgangspunkt, nämlich der seinem Inhalte nach unendlich sein<br />
sollende Begriff Gottes, der nur <strong>die</strong>se Endlichkeit hat, ein Subjektives zu<br />
sein, welche ihm abzustreifen ist. [156 <strong>Hegel</strong> hätte sich für seine<br />
Vorlesungszwecke durchaus an das geschichtliche Seil der Geschichte der<br />
Gottesbeweise halten können; vielleicht sogar sollen; freilich hätte er dann<br />
weniger Freiheit gehabt beim Einführen in <strong>die</strong> Sache. Auch jetzt gibt er<br />
nur einen summa-summarum-Hinweis: Kontingenz und endliche<br />
Teleologie hätten in der Geschichte der Gottesbeweise <strong>die</strong> Hauptrolle<br />
gespielt.<br />
Zur Endlichkeit gehört seine Grenze: es ist nicht Ursache seiner selbst,<br />
sondern verursacht; und es ist nicht ewige Sache, sondern veränderliche<br />
und sterbliche; ist <strong>die</strong> Ursache nicht, ist das Endliche nicht, es ist im<br />
Nichts verblieben, könnte man zugespitzt formulieren. Das Nichts spielt in<br />
der Definition des Endlichen <strong>die</strong> entscheidende Rolle. Und wie <strong>die</strong>ses<br />
Nichts in <strong>die</strong> Region des Unendlichen, das Ursache seiner selbst und ewige<br />
Sache ist, aufzunehmen und aufzuheben ist, ist mehr als eine<br />
entscheidende Frage (und Rolle) in Begriff und Realität des Unendlichen.<br />
Die Endlichen sind aber nicht der totalen Zufälligkeit und Äußerlichkeit,<br />
dem Exzeß einer äußerlich notwendigen Verursachung und Wirkung<br />
ausgeliefert, einem mechanischen Chaos und einer mechanischen Chaotik,<br />
worin alles Zufällige notwendig, alles Notwendige zufällig wäre (eine<br />
Aporie, der <strong>die</strong> Evolutionstheorie sich zu entwinden versucht, wenn sie <strong>die</strong><br />
Aporie als solche erkennt), wie eben <strong>die</strong> Zweck-Mittel-Beziehung der<br />
Endlichen in ihnen selbst beweist, weil <strong>die</strong>se Beziehung eine<br />
Selbstbeziehung enthält, in der (eine) Selbstverursachung geschieht, <strong>die</strong><br />
aus äußerer Notwendigkeit und Zufälligkeit nicht kann abgeleitet werden.<br />
Und da zugleich in den Beziehungen der Endlichen zueinander <strong>die</strong> Realität<br />
von Zweckhaftigkeit nicht kann geleug<strong>net</strong> werden, eine Relation, <strong>die</strong> nicht<br />
als „Emergenz“ der Relation von Zufälligkeit und Notwendigkeit a)sein und<br />
b) begriffen werden kann, wurden <strong>die</strong>se beiden Zweckrelationen (<strong>die</strong><br />
innere und <strong>die</strong> äußere) im System der teleologischen Gottesbeweise<br />
manifest. Es versteht sich, daß der ontologische Gottesbeweis nicht nötig<br />
hat, auf <strong>die</strong> endlichen Teleologien des Endlichen zurückzugreifen.<br />
Merkwürdig <strong>die</strong> Formulierung „außer <strong>die</strong>sen dem Inhalte nach endlichen<br />
Anfängen…“; denn wäre der unendliche Anfang des Unendlichen ganz und<br />
gar „außer“ den endlichen Anfängen, dann wäre <strong>die</strong> Grundthese auch des<br />
ontologischen Gottesbeweises in Frage gestellt: das denkmöglich Größte<br />
muß auch das weltwirkend Mächtigste sein. Jenes „außer“ dürfte daher<br />
lediglich ein Aufzählungswort sein, und auch das bloße Aufzählen von<br />
Inhalten kann der Philosophie nicht verwehrt werden, wenn sie es als<br />
endliches Mittel für ihre unendlichen Zwecke verwenden möchte.<br />
Die nächste Merkwürdigkeit ist das „Subjektive“, welches dem Begriff<br />
Gottes beiheften soll, wodurch das Unendliche, das freilich schon als<br />
Einheit des Objektiven und Subjektiven von <strong>Hegel</strong> vorausgesetzt wird,<br />
allerdings ein nur Endliches würde. Da in <strong>Hegel</strong>s Denken und Schreiben<br />
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