Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Trieben, Interessen, Zwecken; sie sind <strong>die</strong> Bande - berechtigte und sittlich<br />
gebotene oder unberechtigte -, welche ihn der Gewalt unterwerfen. [251<br />
Auffällig der Schwenk in <strong>Hegel</strong>s Ausführungen: nachdem er uns ziemlich<br />
lange einem relativ strengen exercitium logicum ausgesetzt hat, holt er<br />
uns nun in <strong>die</strong> wärmere Stube der Weltgeschichte zurück. Und es ist nicht<br />
<strong>die</strong> abstrakte Gedankenbestimmung, <strong>die</strong> den stoischen und<br />
schicksalhaften Geist und dessen für uns merkwürdige Art von Freiheit<br />
hervorbringt, sondern es ist der Geist in seinem weltgeschichtlichen Gang,<br />
der sie hervorbringt.<br />
Daß <strong>die</strong> Gewalt des Schicksals eine nicht nur äußere sein kann, versteht<br />
sich; schon indem ihr zugestimmt wird, indem ihr Los akzeptiert wird,<br />
wird sie verinnerlicht und als innere Gewalt durch den stoischen Impetus<br />
verwaltet.<br />
In der Moderne erinnerten <strong>die</strong> Lebensverhältnisse in den Diktaturen<br />
(Nationalsozialismus und Kommunismus) an <strong>die</strong> antiken „Vorbilder“; daher<br />
auch das Rätsel, wie <strong>die</strong>s innerhalb der modernen Freiheitswelt geschehen<br />
konnte. Zur Beantwortung <strong>die</strong> Gedankenbestimmungen der Idee als<br />
regulative Ideen „einsetzen“ zu wollen, wäre ein prekäres Unternehmen.]<br />
Aber <strong>die</strong> Wurzeln sind seines Innern, sind sein; er kann sich <strong>die</strong>selben aus<br />
dem Herzen reißen; sein Wille, seine Freiheit ist <strong>die</strong> Stärke der<br />
Abstraktion, das Herz zum Grabe des Herzens selbst zu machen.<br />
So, indem das Herz in sich selbst entsagt, läßt es der Gewalt nichts übrig,<br />
an dem sie dasselbe fassen könnte; das, was sie zertrümmert, ist ein<br />
herzloses <strong>Dasein</strong>, eine Äußerlichkeit, in welcher sie den Menschen selbst<br />
nicht mehr trifft; er ist da heraus, wo sie hinschlägt. [252 Wer allem<br />
entsagt, den kann keine versagende Macht mehr treffen. Freilich geschieht<br />
es um den Preis einer Selbsttötung der Freiheit, einer wirklich frei<br />
handelnden Freiheit. Aber, wie erwähnt, <strong>die</strong> sogenannten äußeren<br />
Lebensumstände können <strong>die</strong> Freiheit zwingen, aus Freiheit von sich<br />
Abschied zu nehmen. Wird <strong>die</strong> Welt zum Ort äußerster Unfreiheit, muß der<br />
Geist, da an und für sich frei, sehen, wie er <strong>über</strong>leben kann; in der<br />
modernen Welt ist nicht äußerste Unfreiheit, sondern äußerste Leere und<br />
Beliebigkeit <strong>die</strong> Gefahr des Geistes und seiner Freiheit.]<br />
Es ist vorhin gesagt worden, daß es das Resultat "Es ist so" der<br />
Notwendigkeit ist, an welchem der Mensch festhält, als Resultat, d. i. daß<br />
er <strong>die</strong>s abstrakte Sein hervorgebracht. Dies ist das andere Moment der<br />
Notwendigkeit, <strong>die</strong> Vermittlung durch <strong>die</strong> Negation des Andersseins. Dies<br />
Andere ist das Bestimmte <strong>über</strong>haupt, das wir als das innere <strong>Dasein</strong><br />
gesehen haben, - das Aufgeben der konkreten Zwecke, Interessen; denn<br />
sie sind nicht nur <strong>die</strong> Bande, <strong>die</strong> ihn an <strong>die</strong> Äußerlichkeit knüpfen und<br />
damit derselben unterwerfen, sondern sie sind selbst das Besondere und<br />
dem Innersten, der sich denkenden reinen Allgemeinheit, der einfachen<br />
Beziehung der Freiheit auf sich, äußerlich. [253 <strong>Hegel</strong> nutzt den Schwenk<br />
in <strong>die</strong> Weltgeschichte, um den nicht durch logisches Deklinieren<br />
vorgeführten Übergang der Notwendigkeit in <strong>die</strong> Freiheit gleichsam<br />
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