Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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den Ort und <strong>die</strong> Zeit wechseln können und dürfen, seine Umwelt und<br />
Materie darf weder einfältig noch Instinktwelt sein.)<br />
Mit dem Bedingungscharakter der Dinge <strong>die</strong>ser Welt ist auch deren<br />
Unselbständigkeit gesetzt; kein Ding in <strong>die</strong>ser Welt, das nicht eines<br />
anderen zu seiner Existenz, zu seiner eigenen Kausalität bedürfte.<br />
Selbständigkeit wäre: absolutes Durch-sich-Sein; für endliche Dinge eine<br />
Anmaßung und ein Selbstwiderspruch.<br />
Die Wirklichkeit der Dinge, da bedingt durch andere, <strong>die</strong> ihrerseits bedingt<br />
durch andere sind undsofort ins Unendliche, verweist jedes Ding an eine<br />
Ermöglichungskette, <strong>die</strong> keinesfalls garantiert, daß alle wirklichen Dinge<br />
durch Notwendigkeit sind. Das Zufällige ist ein Sein, das sein kann oder<br />
auch nicht. Jener Dachziegel mußte zwar fallen, aber ein geringer Eingriff<br />
hätte <strong>die</strong>s verhindern und verunmöglichen können. Und der Spaziergänger<br />
hätte auch zuhause bleiben können, wenn er gewollt hätte.<br />
Die Frage, ob aufs Ganze der Welt gesehen deren Nichtseinmüssen ein<br />
mögliches Axiom (ein Obersatz) sein kann, erhebt sich eindringlich. Der<br />
Kontingenzbeweis scheint <strong>die</strong>s zu unterstellen, obwohl der Vollzug des<br />
<strong>Beweise</strong>s eben <strong>die</strong>sen Schein aufzuheben scheint. Kann <strong>die</strong> Notwendigkeit<br />
(qua Ewigkeit) <strong>die</strong>ser Welt bewiesen werden?]<br />
In ihrem <strong>Dasein</strong> entdecken sich aber nicht nur Zusammenhänge von<br />
Bedingungen, d. i. <strong>die</strong> Abhängigkeiten, durch welche sie als zufällig<br />
bestimmt werden, sondern auch <strong>die</strong> Zusammenhänge von Ursache und<br />
Wirkung, Regelmäßigkeiten ihres inneren und äußeren Verlaufs, Gesetze.<br />
Solche Abhängigkeiten, das Gesetzmäßige erhebt sie <strong>über</strong> <strong>die</strong> Kategorie<br />
der Zufälligkeit zur Notwendigkeit, und <strong>die</strong>se erscheint so innerhalb des<br />
Kreises, den wir als nur mit Zufälligkeiten angefüllt gedacht haben. [222<br />
Nochmals resümiert <strong>Hegel</strong> den Tatbestand zweier „Welten“ in <strong>die</strong>ser<br />
einen: jene Welt, in der Gesetz und Ordnung regiert, und jene andere, in<br />
der das Gegenteil regiert. Und <strong>die</strong> Ordnungswelt sei <strong>die</strong> höhere; an<br />
welchem Diktum jeder moderne Künstler erkennt, daß <strong>Hegel</strong> ein<br />
ordentlich verbeamteter Philosoph gewesen sein muß, einer, der <strong>vom</strong><br />
Kreativen und schöpferischen Chaos der freien Phantasie keine Feder auf<br />
seinem Hut hatte.]<br />
Die Zufälligkeit nimmt <strong>die</strong> Dinge um ihrer Vereinzelung willen in Anspruch;<br />
darum sind sie ebensowohl als nicht; aber sie sind ebenso das Gegenteil,<br />
nicht vereinzelt, sondern als bestimmt, beschränkt, schlechthin<br />
aufeinander bezogen. Durch <strong>die</strong>s Gegenteil ihrer Bestimmung aber<br />
kommen sie nicht besser weg. Die Vereinzelung lieh ihnen den Schein von<br />
Selbständigkeit, aber der Zusammenhang mit anderen, d. i. miteinander,<br />
spricht <strong>die</strong> einzelnen Dinge sogleich als unselbständig aus, macht sie<br />
bedingt und wirkt durch andere als notwendig, aber durch andere, nicht<br />
durch sich selbst. [223 Langatmig verharrt <strong>Hegel</strong> bei den Perspektiven<br />
vorausgesetzter Kontingenz; <strong>die</strong> Antinomie der Vereinzelung zeigt deren<br />
inneren Gegensatz: als einzelne sind <strong>die</strong> Dinge beschränkt und endlich;<br />
aber in Wahrheit (<strong>die</strong> Wahrheit <strong>die</strong>ser Endlichkeit) sind sie gar nicht (nur)<br />
vereinzelt, sondern immer auch und somit zugleich nicht-vereinzelt: ins<br />
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