Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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total mitgeteilt, wenn sie doch innerhalb der Teilprozesse und Teilphasen<br />
der Mitteilung stehen muß. Dennoch bleibt unbenommen, daß es um einen<br />
„Austausch“ höchster Freiheit gehen muß, wenn der Gott selbst sich in<br />
seinem Anderen mitteilt und erhält und immer schon sich mitgeteilt und<br />
sich erhalten hat.]<br />
XVII. - An Gottes unendliche Güte in der Natur glauben wir, indem er <strong>die</strong><br />
natürlichen Dinge, <strong>die</strong> er in der unendlichen Profusion ins <strong>Dasein</strong> ruft,<br />
einander, und dem Menschen insbesondere, <strong>über</strong>läßt; er sollte nur solch<br />
Leibliches, das auch sein ist, dem Menschen mitteilen und sein Geistiges<br />
ihm vorenthalten und ihm das verweigern, was dem Menschen <strong>die</strong>sen<br />
allein wahrhaften Wert geben kann? Es ist ebenso ungereimt, dergleichen<br />
Vorstellungen Raum geben zu wollen, als es ungereimt ist, von der<br />
christlichen Religion zu sagen, daß durch sie Gott den Menschen<br />
geoffenbart worden sei, und doch, was ihnen geoffenbart wen sei, sei<br />
<strong>die</strong>s, daß er nicht offenbar sei und nicht geoffenbart worden sei. [94 Der<br />
natürliche Glaube <strong>Hegel</strong>s an eine unendliche Güte Gottes in der Natur<br />
rech<strong>net</strong> noch nicht mit den Avancen einer Evolutionstheorie, <strong>die</strong> ihre<br />
eigene „Güte“ an <strong>die</strong> Stelle der göttlichen gesetzt hat. Daher ist sein<br />
Argument, nicht nur das Leibliche des Menschen sei der unendlichen Güte<br />
Gottes verdankt, sondern mehr noch das Geistige, weil Gott Geist sei, für<br />
heutige Menschen ein schwaches Argument geworden.<br />
Der Ausdruck „in der Natur“ wird gedoppelt bestimmbar gelesen: a) als<br />
äußere Natur, letztlich <strong>die</strong> kosmologische; und b) als „innere“, <strong>die</strong> aber als<br />
„leibliche“ gleichfalls eine äußerliche ist. Doch ist <strong>die</strong> Frage nach dem<br />
Inneren von Leib bei <strong>Hegel</strong> mitgedacht, und somit erhebt sich <strong>die</strong> Frage<br />
nach der geistigen und zugleich leiblichen „Natur“ des menschlichen<br />
Organismus. Dies sind nun drei Verwendungen und Bedeutungen des<br />
Wortes „Natur“, <strong>die</strong> unseren Vorstellungsrahmen <strong>über</strong> <strong>die</strong> empirischen<br />
Welt - abzüglich der durch Menschen produzierten Welt, wortarm<br />
bestimmen: ein Wort für gar sehr verschiedene „Dinge“.<br />
<strong>Hegel</strong>s Geistthese läuft also darauf hinaus, daß der Geist des Menschen<br />
eine Gabe Gottes sei, nicht eine der Natur und auch nicht eine <strong>vom</strong><br />
Menschen selbstfabrizierte Sache. Er bleibt im Reich der Vorstellungen und<br />
geht nicht auf <strong>die</strong> Prinzipienebene, nicht auf <strong>die</strong> Begriffe der verhandelten<br />
und verglichenen Entitäten zurück. Einleitungsphilosophie als<br />
Popularphilosophie und umgekehrt. Beides ist numerisch identisch, ein<br />
Wort für ein und <strong>die</strong>selbe Sache.<br />
Daher sein Lamentieren <strong>über</strong> „dergleichen Vorstellungen“, also eine<br />
Vorstellungskritik, <strong>die</strong> schon voraussetzt, daß der Begriff, der Raum der<br />
Begriffe jene Instanz sei, vor der sich <strong>die</strong> Wahrheit und Unwahrheit, <strong>die</strong><br />
Richtigkeit und Falschheit unserer Vorstellungen zu verantworten habe. -<br />
<strong>Hegel</strong> bemüht eine weitere (hinkende) Analogie („Es ist ebenso<br />
ungereimt,…als es ungereimt ist…“), um „dergleichen Vorstellungen zu<br />
kritisieren: wer behauptet, Gott habe sich in Christus geoffenbart, zugleich<br />
aber behauptet, er habe sich nicht offenbart, begeht einen<br />
Selbstwiderspruch.<br />
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