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Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net

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ereits ein allgemeines Vorurteil ist, und noch mehr, daß es selbst für<br />

irreligiös gilt, solcher Erkenntnis Zutrauen zu schenken und auf ihrem<br />

Wege Überzeugung von Gott und seiner Natur oder auch nur von seinem<br />

Sein zu suchen. Dieses <strong>Beweise</strong>n ist daher auch so sehr außer Kurs<br />

gesetzt, daß <strong>die</strong> <strong>Beweise</strong> kaum hier und da nur historisch bekannt, ja<br />

selbst Theologen, d. i. solchen, welche von den religiösen Wahrheiten eine<br />

wissenschaftliche Bekanntschaft haben wollen, unbekannt sein können. [4<br />

Gilt bis heute und gilt heute unendlich verstärkt. Die Aufklärung und<br />

Nachfolgeideologien haben insofern ganze Arbeit geleistet: Kirche,<br />

Theologie und Glaube sind so schwach wie noch nie, und <strong>die</strong> vormoderne<br />

Überzeugung, „daß ein Gott ist“, ist ubiquitär geschwunden. Wozu noch<br />

„Gottesbeweise?“ <strong>Hegel</strong> spürt <strong>die</strong> Altväterlichkeit seines Unternehmens,<br />

seines Versuchs einer (Ehren)Rettung.<br />

Scheinbar steht es daher um den Kurs der Gottesbeweise (sogar in der<br />

Theologie) so schlecht wie noch nie; und dennoch ist nicht zu leugnen,<br />

daß im angebrochenen „Dialog“ der Religionen, insbesondere im Konflikt<br />

zwischen Erster und Zweiter Welt, zwischen westlicher und islamischer<br />

Kultur, ein theologisches Verweisen auf „<strong>die</strong> Vernunft“ erfolgt, auf jene<br />

Instanz somit, <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong>s innerstes Anliegen ist, wenn er behauptet, seine<br />

Philosophie sei ein einziger und noch dazu ein ausgeführter Gottesbeweis.<br />

Wäre <strong>die</strong>s wirklich gelungen, wäre es innerhalb der Geschichte des<br />

Christentums ein „Quantensprung“; Paulus kannte lediglich einen Beweis<br />

aus dem Wirken Gottes in der Welt; an den Werken der Welt könne<br />

unsere Vernunft einen göttlichen Urheber erschließen; <strong>Hegel</strong> aber meinte,<br />

in Nachfolge der ontologischen Tradition, der Thomas von Aquin <strong>die</strong><br />

Gefolgschaft verweigerte, in und aus unserer Vernunft bereits lasse sich<br />

der Beweis führen.<br />

Schon innerchristlich kann daher das <strong>Beweise</strong>n religiöser Wahrheit aus<br />

Gründen logischer Rationalität niemals gänzlich „außer Kurs“ geraten,<br />

immer steht der christliche Glaube auch in der (anerkannten oder<br />

verweigerten, fortgeführten oder „umstrittenen“) Tradition seiner<br />

Gottesbeweise.]<br />

V. - Die <strong>Beweise</strong> <strong>vom</strong> <strong>Dasein</strong> Gottes sind aus dem Bedürfnisse, das<br />

Denken, <strong>die</strong> Vernunft zu befriedigen, hervorgegangen; aber <strong>die</strong>ses<br />

Bedürfnis hat in der neueren Bildung eine ganz andere Stellung erhalten,<br />

als es vormals hatte, und <strong>die</strong> Standpunkte sind zunächst zu erwähnen, <strong>die</strong><br />

sich in <strong>die</strong>ser Rücksicht ergeben haben. Doch da sie im allgemeinen<br />

bekannt sind und sie in ihre Grundlagen zu verfolgen hier nicht der Ort ist,<br />

so ist nur an sie zu erinnern, und zwar indem wir uns auf ihre Gestalt, wie<br />

sie innerhalb des Bodens des Christentums sich macht, beschränken.<br />

[5 Es tritt also innerhalb der Geschichte des Glaubens selbst <strong>die</strong>se<br />

Differenz ein: der Glaubende stößt auf eine Vernunft - lumen naturale -<br />

<strong>die</strong> in ein fragendes Verhältnis zum Inhalt und zur Form des Glaubens<br />

tritt. Keineswegs also mit dem Ansinnen, <strong>die</strong> Vernunft an <strong>die</strong> Stelle des<br />

Glaubens zu setzen, sondern <strong>die</strong>sen mit der Vernunft in Einklang zu<br />

bringen.<br />

3

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