Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Voraussetzungssatz des traditionellen ontologischen Beweis - und daher,<br />
„nur“ daher könne <strong>die</strong>sem Wesen das Sein nicht abgesprochen werden -<br />
ein nur erdachtes vollkommenes Wesen wäre ein unvollkommenes, weil<br />
ihm <strong>die</strong> Bestimmung des Seins fehlte.<br />
Es ist leicht zu sehen, daß es <strong>die</strong> Bestimmung der Vollkommenheit<br />
beziehungsweise des unendlichen Reichtums ist, <strong>die</strong> als Voraussetzung<br />
vorausgesetzt wird. Das unendlich erfüllte Sein steht gegen das unendlich<br />
entleerte Sein: Nichts; <strong>die</strong>ses oder jenes liegt der Welt (als absolut<br />
Vorauszusetzendes)voraus und zugrunde, tertium non datur. Wir scheinen<br />
„freie“ Wahl zu haben…]<br />
III. - Dieser Inhalt, so <strong>vom</strong> Sein unterschieden, ist eine Vorstellung,<br />
Gedanke, Begriff, welcher hiernach für sich soll expliziert und ausgemacht<br />
werden. So ist denn in der Metaphysik von Gott, der sogenannten<br />
natürlichen Theologie, der Anfang damit gemacht worden, den Begriff Gott<br />
zu exponieren nach der gewöhnlichen Weise, indem zugesehen wird, was<br />
unsere vorausgesetzte Vorstellung von ihm enthalte, wobei wieder<br />
vorausgesetzt ist, daß wir alle <strong>die</strong>selbe Vorstellung haben, <strong>die</strong> wir mit Gott<br />
ausdrücken. [116 Die Unterscheidung des Inhaltes (Gott) <strong>vom</strong> Sein (Gott)<br />
ist als formelle Unterscheidung durchschaut worden, - in anderen Worten:<br />
Sein ist „nur“ <strong>die</strong> gesetzte Unmittelbarkeit der absoluten Vermittlung des<br />
Inhaltes. Zu <strong>die</strong>sen abstrakten Worten und Begriffen kann und muß also<br />
<strong>die</strong> theologisch erhabene Rede <strong>vom</strong> vollkommenen Wesen, das sein Sein<br />
einschließe, verdünnt, „verabstrahiert“ werden, wenn sich das in<br />
Kategorien denkende Denken der Sache des Inhaltes und seiner<br />
Existenzweise annimmt. (Jede Theologie, besonders <strong>die</strong> konkret<br />
argumentierende früherer Epochen, setzte das metaphysische Denken in<br />
metaphysischen Kategorien nicht nur voraus.) Alle Exponierungen der<br />
natürlichen Theologie enthielten spekulative Theologie und Philosophie.<br />
Von zwei Voraussetzungen sei <strong>die</strong> traditionelle Theologie ausgegangen: a)<br />
<strong>die</strong> gegebene Vorstellung von Gott, also der Inhalt des religiösen<br />
Bewusstseins von Gott; b) <strong>die</strong> kollektive Übereinstimmung eines Wir,<br />
(einer bestimmten Religion) das seine Gottesvorstellungen für wirkliche<br />
Vorstellungen Gottes hält.<br />
Dies ist wichtig festzuhalten, weil <strong>die</strong> Negation des religiösen Wir durch <strong>die</strong><br />
Aufklärung nur an der bestimmten Religion des Christentums als<br />
weltgeschichtlich wirksame Negation (als Revolte einer sogenannten<br />
wissenschaftlichen Weltanschauung) erstmöglich war. Aufklärungen<br />
anderer Religionen müssen daher von der Aufklärung der Ersten Welt<br />
zehren und Kredit nehmen. Wie kann verhindert werden, daß sie <strong>die</strong><br />
nichtigen Voraussetzungen der europäischen Aufklärung wiederholen?<br />
Die Logik des vormaligen Begreifens ist also <strong>die</strong>, daß ein Subjekt<br />
vorausgesetzt wird, und zwar als seiend, an dem dessen Eigenschaften<br />
„der Reihe nach“ aufgefunden und in Sätzen prädiziert werden, <strong>die</strong> mehr<br />
oder weniger äußerlich zusammenhängen.]<br />
IV. - Der Begriff nun führt für sich selbst, abgesehen von seiner<br />
Wirklichkeit, <strong>die</strong> Forderung mit sich, daß er auch so in sich selbst wahr sei,<br />
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