Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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unendlichen Gehalt erlangt hat, der bekanntlich auf das Minimum<br />
zusammengeschrumpft ist. Es sind <strong>die</strong> Gedanken und jene abstrakten<br />
Bestimmungen <strong>vom</strong> Endlichen und Unendlichen, womit das Aufgeben des<br />
Erkennens der Wahrheit gerechtfertigt werden soll, und in der Tat ist es<br />
der reine Boden des Gedankens, auf welchen sich solche Interessen des<br />
Geistes hinspielen, um auf demselben ihre Entscheidung zu erhalten; denn<br />
<strong>die</strong> Gedanken machen <strong>die</strong> innerste Wesenheit der konkreten Wirklichkeit<br />
des Geistes aus. [295 <strong>Hegel</strong> gibt nun selbst ein Beispiel einer<br />
Verabsolutierung des Endlichen, und zwar inmitten der Religion und<br />
Theologie selbst. Auch <strong>die</strong>se können ihre Geschichte, können Teile<br />
derselben - Ereignisse und Meinungen - zu göttlichen Reliquien erheben<br />
und sich darum und nur darum „bemühen.“<br />
Und je größer <strong>die</strong> Mehrheit <strong>die</strong>ser Endlichkeiten, desto schrumpfender der<br />
Gehalt des Unendlichen in ihnen. Der unendliche Sinn in den Endlichkeiten<br />
verliert unser Interesse, wenn wir uns <strong>über</strong>redet haben oder <strong>über</strong>reden<br />
ließen, <strong>die</strong> Endlichkeiten für sich als unendlichen Sinn zu goutieren. Ein<br />
Selbstbetrug, dem <strong>die</strong> wahre Unendlichkeit ihre rächende Nemesis nicht<br />
erst nachschicken muß.<br />
Die These, daß „<strong>die</strong> Gedanken <strong>die</strong> innerste Wesenheit der konkreten<br />
Wirklichkeit des Geistes ausmachen“ muß für das Ansichsein der<br />
Vernunftbewegung ein eigenes Anundfürsichsein reklamieren. Anders<br />
nicht kann <strong>die</strong> Kategorie „Wirklichkeit“ in Anspruch genommen werden.<br />
Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten: a) in unserem Denken sei der Geist an<br />
und für sich bei sich, erfolge seine absolute Erhebung in das Absolute, <strong>die</strong><br />
eigentlich wirkliche und wirklich anundfürsichseiende; oder b) in Gottes<br />
Geist finde <strong>die</strong>se statt, und zwischen <strong>die</strong>sem und unserem Geist bleibt<br />
eine Differenz, <strong>die</strong> durch <strong>die</strong> Erhebung in a) nicht geschlossen und nicht<br />
aufhebbar ist.<br />
Wenn das Denken das eigentliche Leben des Geistes, wenn im Denken<br />
(der Vernunft) das wirkliche Leben des Geistes liege: wozu dann <strong>die</strong> bunte<br />
Vielfalt endlicher Gärten und <strong>die</strong> schier unendlich lange Geschichte einer<br />
Welt, <strong>die</strong> sozusagen alles (andere), nur nicht das Denken der Vernunft<br />
erstrebt und praktiziert? Diese Frage stellt sich, wenn <strong>Hegel</strong>s These als<br />
Anundfürsichsein genommen wird.<br />
Auch <strong>die</strong>se These wäre schon ein Sein, ein Gedanke, eine letzte<br />
Wirklichkeit jenes absoluten Anundfürsichseins. Es erhebt sich somit <strong>die</strong><br />
Frage, ob <strong>die</strong> <strong>Hegel</strong>sche Spekulation nicht gleichfalls sich den Vorwurf<br />
gefallen lassen muß, eine Endlichkeit, <strong>die</strong>smal nicht: Sprache, Sinnlichkeit,<br />
Materie, Geschichte undsofort, sondern „unser Denken der Vernunft“ in<br />
den Rang eines Absoluten und absolut Geistigen erhoben zu haben.]<br />
Belassen wir <strong>die</strong>sen Begriffsverstand bei seiner Behauptung, daß das Sein<br />
des Endlichen nur sein eigenes Sein, nicht das Sein seines Anderen, nicht<br />
das Übergehen selbst sei, und nehmen <strong>die</strong> weitere, das Erkennen<br />
ausdrücklich nennende Vorstellung auf. Wenn nämlich mit dem Faktum<br />
<strong>über</strong>eingestimmt wird, daß der Geist solchen Übergang mache, so soll es<br />
doch nicht ein Faktum des Erkennens, sondern des Geistes <strong>über</strong>haupt und<br />
bestimmt des Glaubens sein. [296 Der Übergang soll nicht erkennbar sein;<br />
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