Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Zufriedenheit - mehr ist nicht zu kriegen - wie auch zu Ironie und<br />
Zynismus - was ist das für ein Gott, der seine Versprechen nicht einhält,<br />
der uns darben läßt im Endlichen und Unvollkommenen.<br />
Seit der Aufklärung gerät dann ein Bewußtsein, das von absoluter<br />
Versöhnung spricht, in den Verdacht der Lächerlichkeit, des bewußten<br />
Selbstbetrugs undsofort. Aber das Bewußtsein des Aufklärers ist dabei nur<br />
das Resultat jenes in sich entzweiten Bewußtseins, das <strong>die</strong> Entzweiung<br />
hingenommen hat oder mit ihr ironisch oder auch verzweifelt spielt. Es ist<br />
<strong>die</strong> auf <strong>die</strong> Spitze getriebene Selbstbezüglichkeit, es will nur mehr sich<br />
selbst begegnen: es glaubt nur mehr an den Menschen und dessen Welt, -<br />
der Boden für <strong>die</strong> atheistischen Ideologien des 19. und 20. Jahrhunderts<br />
ist bereitet.]<br />
XIII. - Solche Unwirklichkeit des Herzens ist nicht nur eine Leerheit<br />
desselben, auch ebensosehr Engherzigkeit: das, womit es erfüllt ist, ist<br />
sein eigenes formelles Subjekt; es behält <strong>die</strong>ses Ich zu seinem<br />
Gegenstand und Zweck. Nur das an und für sich seiende Allgemeine ist<br />
weit, und das Herz erweitert sich in sich nur, indem es darein eingeht und<br />
in <strong>die</strong>sem Gehalte sich ausbreitet, welcher ebenso der religiöse als der<br />
sittliche und rechtliche Gehalt ist. Die Liebe <strong>über</strong>haupt ist das Ablassen<br />
von der Beschränkung des Herzens auf seinen besonderen Punkt, und <strong>die</strong><br />
Aufnahme der Liebe Gottes in dasselbe ist <strong>die</strong> Aufnahme der Entfaltung<br />
seines Geistes, <strong>die</strong> allen wahrhaften Inhalt in sich begreift und in <strong>die</strong>ser<br />
Objektivität <strong>die</strong> Eigenheit des Herzens aufzehrt. In <strong>die</strong>sem Gehalte<br />
aufgegeben ist <strong>die</strong> Subjektivität <strong>die</strong> für das Herz selbst einseitige Form,<br />
welches damit der Trieb ist, sie abzustreifen, - und <strong>die</strong>ser ist der Trieb, zu<br />
handeln <strong>über</strong>haupt, was näher heißt, an dem Handeln des an und für sich<br />
seienden göttlichen und darum absolute Macht und Gewalt habenden<br />
Inhalts teilzunehmen. Dies ist dann <strong>die</strong> Wirklichkeit des Herzens, und sie<br />
ist ungetrennt jene innerliche und <strong>die</strong> äußerliche Wirklichkeit. [74 <strong>Hegel</strong><br />
wiederholt nochmals <strong>die</strong> Spannweite der Differenz: das formelle Subjekt<br />
ist an sich, sofern es sich als Inhalt hat, eine Leerheit, denn das Ich als<br />
endliches ist der Punkt der Endlichkeit, <strong>die</strong> Grenze, <strong>die</strong> Negation der<br />
Unendlichkeit Gottes, insofern ist es unwirklich und eng zugleich, - nur ein<br />
scheinbarer Widerspruch.<br />
Wohl ten<strong>die</strong>rt es gegen nichts und ist <strong>die</strong>s im Prinzip auch, aber in der<br />
Realität schiebt es ohnehin stets weltliche Inhalte als Surrogate ein, um<br />
sich vor der totalen Leere im Ichpunkt zu retten. Dies liegt schon in der<br />
Struktur des „<strong>die</strong>sen“ Ich: es muß ein sinnlich <strong>die</strong>ses, folglich eines sein,<br />
dem sinnliche Inhalte inhärieren; jeder sinnliche Inhalt als sinnlicher ist<br />
aber <strong>die</strong> Enge selbst, denn er vereinzelt das Ich auf ein Einzelnes; und in<br />
dem Diesen des einzelnen Inhaltes ist es erst ein einzelnes <strong>die</strong>ses Ich.<br />
Es ist unmöglich, daß sich das Ich als Ich lediglich als einzelnes haben<br />
könnte; denn das „Ich bin Ich“ ist eine gänzlich allgemeine Beziehung in<br />
jedem Ich, durch <strong>die</strong> jedes Ich ist, - nicht ein „<strong>die</strong>ses“ Ich. Wohl generiert<br />
<strong>die</strong> Allgemeinheit des Ichbezugs zugleich dessen Einzelheit, das Ich ist der<br />
existierende Begriff, aber hier ist von sinnlicher Einzelheit nicht <strong>die</strong> Rede;<br />
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