Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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noch erhalten. Diese Erhaltung jedoch hilft ihm nicht viel oder nichts, denn<br />
er ist in derselben als der Widerspruch bestimmt, und der Widerspruch<br />
löst sich auf; was sich widerspricht, ist nichts. [325 Die doppelte<br />
Auflösung verwendet <strong>die</strong> Doppelbedeutung des Wortes „Auflösung“: in der<br />
neutralisierenden Lauge ist der Gegensatz verschwunden und entweder<br />
nur ein Stoff, der obsiegende, oder ein neutraler dritter zurückgeblieben;<br />
doch in der Auflösung der Vernunft sind <strong>die</strong> Faktoren (Elemente,<br />
Momente) ebenso erhalten geblieben wie zugleich in ihre tiefere Einheit, in<br />
ihren ermöglichenden Grund zurückgeführt. Dies ist nicht Lauge, sondern<br />
gleichsam Fruchtwasser. Ebenso könnte man mit der Doppelbedeutung<br />
des Wortes „Widerspruch“ spielen.<br />
In der Verstandesanalyse wird der Zufall zur und durch Setzung einer<br />
irrationalen Instanz; er dürfte gar nicht vorkommen; er ist daher<br />
womöglich nur unsere - unverständige, ungereinigte, unsinnige -<br />
Einbildung und Konstruktion.]<br />
So richtig <strong>die</strong>s ist, so unrichtig ist es zugleich. Widerspruch und Nichts<br />
sind doch wenigstens voneinander unterschieden. Der Widerspruch ist<br />
konkret, er hat noch einen Inhalt, er enthält noch solche, <strong>die</strong> sich<br />
widersprechen, er spricht sie noch, er sagt es aus, von was er der<br />
Widerspruch ist; das Nichts hingegen spricht nicht mehr, ist inhaltslos, das<br />
vollkommen Leere. Diese konkrete Bestimmung des einen und <strong>die</strong> ganz<br />
abstrakte des anderen ist ein sehr wichtiger Unterschied. Ferner ist auch<br />
Nichts gar nicht der Widerspruch. [326 <strong>Hegel</strong> beginnt mit dem<br />
Sinnunterschied im Ausdruck „Widerspruch“ zu spielen, - etwas sei richtig<br />
und unrichtig zugleich: <strong>die</strong>s darf nicht nach dem Satz des Widerspruchs<br />
(im aristotelischen Sinne) verstanden werden, weil in <strong>die</strong>sem Falle Unsinn<br />
geredet und Unmögliches gedacht würde.<br />
<strong>Hegel</strong> meint den sich entgegensetzenden Begriffsgegensatz, der<br />
unvermeidlich sei, und der nur im und für den Verstand als ein<br />
unauflösbarer Widerspruch erscheine; in der Vernunft aber erscheint er als<br />
Spruch der Vernunft selbst. Diese widerspricht sich also nicht, um sich zu<br />
widersprechen, sondern Spruch spricht gegen Spruch, um vernünftig<br />
sprechen zu können.<br />
Als sich selbst widersprechender Widerspruch könnte er nicht das sein,<br />
was <strong>Hegel</strong> von ihm reklamiert: er sei „konkret“; doch hat der Verstand,<br />
hat er zuvor <strong>die</strong> Logik des Widerspruchs(wortes) in seinem - bloß<br />
verständigen - Sinne verstanden, keine Möglichkeit mehr, <strong>die</strong>sen Spruch<br />
<strong>Hegel</strong>s: der Widerspruch sei konkret, vernünftig zu verstehen. Der<br />
(vernünftige) Widerspruch ist von Wider-Sprechenden der Wider-Spruch;<br />
und gerade <strong>die</strong> Verabsolutierung und Trennung der Wider-Sprechenden<br />
würde in jenen Widerspruch führen, den Aristoteles als den der gesetzten<br />
Unmöglichkeit und Unwirklichkeit definiert hat.<br />
Die mangelhafte Wortwahl <strong>Hegel</strong>s hat in <strong>die</strong>ser Frage einigen Schaden<br />
angerichtet; bis heute ist das Wort „Widerspruch“ nicht in dem Sinne<br />
gebraucht, in dem es <strong>Hegel</strong> zumeist gebraucht. Daher ist ein Satz wie<br />
<strong>die</strong>ser: „Ferner ist auch das Nichts gar nicht der Widerspruch“ vor wie<br />
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