Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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Gefühl als Gefühl alles und jedes sein. Die sogenannten tiefsten Gefühle<br />
sind aber meist nur <strong>die</strong> Gefühle als Gefühle, nicht jene Inhalte von<br />
wirklicher Tiefe. ]<br />
XX. - Beide Annahmen hängen aufs engste zusammen; einerseits haben<br />
wir in der Untersuchung dessen, was wir uns zu betrachten<br />
vorgenommen, jenes Erkennen von seiner Einseitigkeit zu befreien und<br />
damit zugleich durch <strong>die</strong> Tat zu zeigen, daß es noch ein anderes Erkennen<br />
gibt als jenes, das für das einzige ausgegeben wird; andererseits ist <strong>die</strong><br />
Prätention, welche der Glaube als solcher gegen das Erkennen macht, ein<br />
Vorurteil, das sich für zu fest und sicher hält, als daß dasselbe nicht eine<br />
strengere Untersuchung nötig machte. Nur ist in Ansehung der<br />
angegebenen Prätention sogleich zu erinnern, daß der wahre,<br />
unbefangene Glaube, je mehr er im Notfall Prätentionen machen könnte,<br />
desto weniger macht, und daß sich der Notfall nur für <strong>die</strong> selbst nur<br />
verständige, trockene, polemische Behauptung des Glaubens einfindet.<br />
Aber was es für eine Bewandtnis mit jenem Glauben oder unmittelbaren<br />
Wissen habe, habe ich bereits anderwärts auseinandergesetzt. An der<br />
Spitze einer in <strong>die</strong> jetzige Zeit fallenden Abhandlung <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Beweise</strong> <strong>vom</strong><br />
<strong>Dasein</strong> Gottes kann <strong>die</strong> Behauptung des Glaubens nicht schon für erledigt<br />
ausgegeben werden; es ist wenigstens an <strong>die</strong> Hauptmomente zu erinnern,<br />
nach welchen <strong>die</strong>selbe zu beurteilen und an ihren Platz zu stellen ist. [47<br />
Daß abstraktes Denken an sich schon Gefühl, leuchtet ein; auch Fühlen ist<br />
Denken in verhüllter Kategorie; bezüglich des Künftigen, wovon es keine<br />
durchbestimmte Kategorie für unser Denken geben kann, ist daher das<br />
Andenken und Ahnen des Gefühlsdenkens stets aktuell. Es ist aber an ihm<br />
zugleich unbestimmt; <strong>die</strong> Prophezeiung, daß Schwerter zu Pflugscharen<br />
werden, Jesaja, geht in einer Zeit in Erfüllung, <strong>die</strong> weder <strong>die</strong>se noch jene<br />
noch kennen wird. Nur in Bildern des Gegenwärtigen wird ein Ahnbild des<br />
Zukünftigen geschaut. –<br />
<strong>Hegel</strong> unterscheidet den unbefangenen, in sich ungebrochenen Glauben<br />
<strong>vom</strong> präten<strong>die</strong>renden, der sich gegen <strong>die</strong> Aufklärung auf deren Terrain<br />
und Glatteis begibt. Da steht dann Behauptung gegen Behauptung, und<br />
kein Vermittler scheint findbar in Gottes weiter Welt. Und an <strong>die</strong>ser<br />
Situation hat sich „nichts“, also alles verändert, denn <strong>die</strong> seitdem erfolgte<br />
Privatisierung der Religion und damit Gottes ist nicht <strong>die</strong> Lösung des<br />
Problems, sondern dessen Schürzung.]<br />
Dritte Vorlesung<br />
I. - Es ist schon bemerkt, daß <strong>die</strong> Behauptung des Glaubens, von der <strong>die</strong><br />
Rede werden soll, außerhalb des wahrhaften, unbefangenen Glaubens<br />
fällt; <strong>die</strong>ser, insofern er zum erkennenden Bewußtsein fortgebildet ist und<br />
damit auch ein Bewußtsein <strong>vom</strong> Erkennen hat, geht vielmehr auf das<br />
Erkennen ein, zutrauensvoll auf dasselbe, weil er zuallererst zutrauensvoll<br />
zu sich, seiner sicher, fest in sich ist. Sondern es ist von dem Glauben <strong>die</strong><br />
Rede, insofern derselbe polemisch gegen das Erkennen ist und sich sogar<br />
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