Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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XIV. - Indem aber einmal <strong>die</strong> Verschiedenheit zweier solcher Sphären zum<br />
Bewußtsein gekommen, so müssen wir solches Verhältnis der<br />
Gleichgültigkeit, in welcher Glaube und Vernunft als nebeneinander<br />
bestehend betrachtet werden sollen, als gedankenlos oder als ein<br />
betrügerisches Vorgeben beurteilen: der Trieb des Denkens zur Einheit<br />
führt notwendig zunächst zur Vergleichung beider Sphären und dann,<br />
indem sie einmal für verschieden gelten, zur Übereinstimmung des<br />
Glaubens nur mit sich selbst und des Denkens nur mit sich selbst, so daß<br />
jede Sphäre <strong>die</strong> andere nicht anerkennt und sie verwirft. [14 Das<br />
Nebeneinander setzt Verschiedenheit von Inhalten voraus, <strong>die</strong> im Geist<br />
nicht verschiedene, sondern unterschiedene einer Einheit sind. Diese<br />
Einheit mag erkennbar oder nur teilweise erkennbar sein, in einer<br />
approximativen Kurve gleichsam, aber sie muß vorausgesetzt werden;<br />
lediglich der Ungeist kann und muß sie ignorieren, durch welches<br />
Ignorieren er der Ungeist ist, der er ist.<br />
Dieses Nebeneinander, ein Auseinanderfallen der notwendigen<br />
Akzidenzien der Substanz von göttlichem Geist, führt daher, wenn es sich<br />
als unhaltbar erkennt, zunächst zur äußeren Annäherung, zur<br />
Vergleichung. Im Vergleich wird das oder ein Gemeinschaftliches gesucht,<br />
vielleicht gefunden oder auch nicht; <strong>die</strong> Voraussetzung ist also zwiespältig,<br />
es könnte sein, es könnte aber auch nicht sein, daß jene Einheit<br />
zugrundeliegt, <strong>die</strong> es von ihr her verbietet, eine Welt, einen Gott mit zwei<br />
unverbindbaren Grundwahrheiten zu denken.<br />
Ist <strong>die</strong> Differenz größer oder allein geltend, dann folgt das negative<br />
Resultat: <strong>die</strong> beiden stimmen je nur mit sich selbst zusammen, nicht mit<br />
und in dem Anderen mit sich selbst. Sie stoßen einander ab, sola fide<br />
contra sola ratio. Doch behaupten beide, daß nur ein Gott sei; da <strong>die</strong>s<br />
aber beide behaupten, und beide davon wissen, daß es zwei sind, <strong>die</strong> <strong>die</strong>s<br />
behaupten, so sind auch zwei Behauptungen, zwei Götter. Damit bleibt<br />
doch wieder nur <strong>die</strong> Verpflichtung beider, miteinander in jenen Streit und<br />
Kampf zu treten, der an sich in ihren Behauptungen vorhanden ist.<br />
Denn nur durch Ausschluß der je anderen Behauptung kann sich jede als<br />
Behauptung manifestieren. Beide müssen daher als erkannte<br />
Einseitigkeiten danach trachten, den „Trieb des Denkens nach Einheit“ zu<br />
verwirklichen. - In der Gegenwart schiebt sich aber jener relativierende<br />
Historismus zwischen und in beide, - und darin dürfte wohl <strong>die</strong> Aufklärung<br />
eine ihrer letzten Karten ausspielen. ]<br />
XV. - Es ist eine der geläufigsten Täuschungen des Verstandes, das<br />
Verschiedene, das in dem einen Mittelpunkte des Geistes ist, dafür<br />
anzusehen, daß es nicht notwendig zur Entgegensetzung und damit zum<br />
Widerspruche fortgehen müsse. Der Grund zu dem beginnenden Kampfe<br />
des Geistes ist gemacht, wenn einmal das Konkrete desselben zum<br />
Bewußtsein des Unterschiedes <strong>über</strong>haupt sich analysiert hat. [15 Im<br />
Grunde das Gesetz der Ausdifferenzierung: <strong>die</strong>se verliert <strong>die</strong> Geltung ihrer<br />
eigenen Genese, es ist wie eine Peripherie, <strong>die</strong> sich in viele Punkte auflöst<br />
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