Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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philosophischen Theo-Logien fernzuhalten: werden <strong>die</strong> Gottesinhalte in<br />
der Gestalt von Bildexistenz (Anschauung und Vorstellung von<br />
Wortinhalten und Worten) bezeugt, bedürfen <strong>die</strong>se keines Bezeugens<br />
durch Denken, wenn der Glaube mit seinem Gehorsam an den Glauben<br />
identisch geworden oder geblieben, <strong>die</strong> unmittelbare Wahrnehmung des<br />
Inhaltes ist zugleich <strong>die</strong> Selbstevidenz und Selbstbezeugung des<br />
Glaubenden und der Wahrheit seines Glaubens. Führt <strong>die</strong> von <strong>Hegel</strong><br />
inten<strong>die</strong>rte Selbstlogifizierung des (christlichen) Glaubens <strong>die</strong>sen aus jeder<br />
bislang unhintergehbaren Partikularität hinaus, um ihn zu wirklicher<br />
Katholizität qua Universalität reif zu machen?<br />
Der Einwand des heutigen Glaubensbewusstseins ist ohne Zweifel: für<br />
denkende Menschen mag ein denkender Gott genügen und auch der<br />
wahre und innerste Gott sei; was aber geschieht mit uns, <strong>die</strong> wir sind wie<br />
wir sind, inmitten der übrigen großen Herde?]<br />
XVI. - Die Erhebung des Geistes zu Gott im Gefühle, im Anschauen,<br />
Phantasie und im Denken - und sie ist subjektiv so konkret, daß sie von<br />
allen <strong>die</strong>sen Momenten in sich hat - ist eine innere Erfahrung; <strong>über</strong> solche<br />
haben wir gleichfalls <strong>die</strong> innere Erfahrung, daß sich Zufälligkeit und Willkür<br />
einmischt. Es begründet sich damit äußerlich das Bedürfnis, jene<br />
Erhebung auseinanderzulegen und <strong>die</strong> in ihr enthaltenen Akte und<br />
Bestimmungen zum deutlichen Bewußtsein zu bringen, um sich von den<br />
anderen Zufälligkeiten und von der Zufälligkeit des Denkens selbst zu<br />
reinigen; und nach dem alten Glauben, daß nur durch das Nachdenken<br />
das Substantielle und Wahre gewonnen werde, bewirken wir <strong>die</strong> Reinigung<br />
jener Erhebung zur Wesentlichkeit und Notwendigkeit durch <strong>die</strong> denkende<br />
Exposition derselben und geben dem Denken, das das absolute Recht,<br />
noch ein ganz anderes Recht der Befriedigung hat als das Fühlen und<br />
Anschauung oder Vorstellen, <strong>die</strong>se Befriedigung. [113 Glauben als<br />
Erfahrung einer Erfahrung erfährt <strong>die</strong> Kontingenz an seinen Inhalten,<br />
schon weil sich <strong>die</strong>se und deren Vermittlung - <strong>die</strong> Logik von<br />
Traditionsbildung - verändert. Was noch eben substantieller<br />
Glaubensinhalt schien, ist es heute nicht mehr. Dieser Notwendigkeit<br />
versuchte beispielsweise Mohammed durch eine starke Regelfixierung der<br />
Glaubensinhalte und -formen vorzubeugen, - mit zweifelhaftem Erfolg,<br />
weil sie notwendigerweise ein unfreies, ein gewissenloses Gewissen<br />
erzeugen müssen.<br />
Es müsse daher Rechenschaft abgelegt werden dar<strong>über</strong>, um sowohl <strong>die</strong><br />
Inhalte wie das Denken <strong>über</strong> sie von aller Zufälligkeit und Willkür zu<br />
reinigen. Dem liegt das Gebot voraus: Denkt mich (spricht Gott) nicht<br />
nach den Projektionen Eurer Willkür, Eurer Vorlieben und Grenzen,<br />
sondern denkt mich nach dem (nur) zu denkenden Wesens meines<br />
Denkens, eines Denkens, das wiederum einem Wollen und Handeln<br />
zuinnerst liegt, Grund und Zweck desselben sei. Wann aber ist ein Inhalt<br />
so zu deutlichem Bewusstsein gebracht (Descartes), daß an ihm das<br />
Zufällige <strong>vom</strong> Nichtzufälligen, das Falsche <strong>vom</strong> Wahren eindeutig zu<br />
trennen ist?<br />
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