Hegel: Vorlesungen über die Beweise vom Dasein ... - Leo-dorner.net
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In der Gegenwart begegnen wir <strong>die</strong>sem Gegensatz bekanntlich in dem von<br />
Erfahrung und Verkopfung im Gebiet der Religion. Jene wollen „alles<br />
erfahren“, <strong>die</strong>se wissen schon, daß das Wissen nicht mehr zu<br />
verabschieden ist. - <strong>Hegel</strong> verschweigt hier, daß in seiner Zeit, siehe<br />
Kants Position, <strong>die</strong> Ablehnung der ontologischen Tradition manifest wird;<br />
und zwar im Gelände der Philosophie selbst, damit auch im Zeitgeist, an<br />
dessen Bildung und Unbildung schon damals <strong>die</strong> Religion allein nicht mehr<br />
dominant wirkte.]<br />
XIX. - Dieser Standpunkt der Entgegensetzung muß für keinen<br />
Gegenstand sich durchdringender und gewichtiger zeigen als für den, den<br />
wir uns zu betrachten vorgenommen, <strong>die</strong> Erkenntnis Gottes. Die<br />
Herausarbeitung des Unterschiedes von Glauben und Denken zur<br />
Entgegensetzung enthält es unmittelbar, daß sie zu formellen Extremen<br />
geworden, in denen <strong>vom</strong> Inhalt abstrahiert worden, so daß sie zunächst<br />
nicht mehr mit der konkreten Bestimmung von religiösem Glauben und<br />
Denken der religiösen Gegenstände sich gegen<strong>über</strong>stehen, sondern<br />
abstrakt als Glauben <strong>über</strong>haupt und als Denken <strong>über</strong>haupt oder Erkennen,<br />
insofern letzteres nicht bloß Gedankenformen, sondern Inhalt in und mit<br />
seiner Wahrheit geben soll. [19 <strong>Hegel</strong> kommt zur Sache; das Denken<br />
steht als Ontotheologie gegen den Glauben als unmittelbares Wissen; das<br />
Denken als Denken gegen den Glauben als Glauben. Wieder haben wir<br />
den zerteilten Gott von vorhin, der Streit muß also wieder anheben,<br />
<strong>die</strong>smal aber an der Erkenntnis Gottes selbst. Beide konkurrieren<br />
gleichsam um seine Liebe, seine universale Anerkennung, - Situation der<br />
Gegenwart.<br />
Doch scheint nun der Glaube abstrakter geworden als das Denken; <strong>die</strong>ses<br />
ist ja ohnehin in seinen Inhalten zuhause; gleichsam in seiner ewigen<br />
Antike; jener aber scheint im Zuge von Aufklärung und Reformation an<br />
Inhalten ausgehöhlt, denn als bloßer Glaube zieht er sich auf eine<br />
abstrakte und willkürliche Glaubensgewißheit zurück: es ist um des<br />
Glaubens willen zu glauben, nicht mehr um der Inhalte des Glaubens<br />
willen. Schleiermacher. Nette Humanitätsreligion mit christlichem Schleier.<br />
An <strong>die</strong>sem Punkte der äußersten Unversöhnbarkeit von Vernunft und<br />
Religion, der geschichtlich entstanden, also selbst eine Voraussetzung für<br />
beide ist, eine Unmittelbarkeit, <strong>die</strong> sie zwar mitwirkend hervorgebracht,<br />
nicht aber total erwirkt haben, setzt nun <strong>die</strong> ontologische Reflexion mit<br />
ihrer - allerdings - extremen Radikalität an: <strong>Hegel</strong>s System, dem Entwurf<br />
in der Phänomenologie folgend.]<br />
XX. - Nach <strong>die</strong>ser Bestimmung wird <strong>die</strong> Erkenntnis Gottes von der Frage<br />
<strong>über</strong> <strong>die</strong> Natur der Erkenntnis im allgemeinen abhängig gemacht, und ehe<br />
wir an <strong>die</strong> Untersuchung des Konkreten gehen können, scheint<br />
ausgemacht werden zu müssen, ob <strong>über</strong>haupt das Bewußtsein des<br />
Wahren denkende Erkenntnis oder Glaube sein könne und müsse.[20 Und<br />
zwar weil dem Denken <strong>die</strong> Inhalte, <strong>die</strong> absoluten Kategorien noch blieben;<br />
das Erkennen Gottes kann darin als dessen Selbsterkenntnis inten<strong>die</strong>rt<br />
werden; <strong>die</strong> „Natur der Erkenntnis“, siehe Phänomenologie, als<br />
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